„Es gibt sie noch, die sorgenden Bürgerinnen und Bürger“
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Laudatio von Andreas Lipsch, Vorsitzender von PRO ASYL
anläßlich der Verleihung des Julius-Rumpf-Preises 2018 an den Verein „Freund statt fremd“ am 8. Juli 2018 in Bamberg
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
ich bin gebeten worden, Sie, liebes Team von „Freund statt fremd“ anlässlich dieser Preisverleihung zu loben. Das tue ich von Herzen gern. Aber ich sag’s Ihnen lieber gleich: Es wird mir in diesen Zeiten nicht gelingen, es nur beim Loben zu belassen. Ich will und werde auch klagen. Und schließlich möchte ich Sie – und damit meine ich uns Alle – um etwas bitten. Also: Lob, Klage und Bitte, in dieser Reihenfolge.
„Gibt`s das eigentlich noch, das ehrenamtliche Engagement in der Flüchtlingsarbeit?“, werde ich in letzter Zeit regelmäßig vor allem von Journalisten gefragt. „Allerdings!“, sage ich dann. „Es ist zwar schwieriger geworden für die freiwillig Engagierten, sie werden kritisiert, zuweilen auch angefeindet. Es haben sich auch welche zurückgezogen. Aber immer noch engagieren sich viel mehr Menschen für und mit Geflüchteten denn je.“ Kaum habe ich das gesagt, schaue ich in ein zutiefst skeptisches Gesicht: „Hmhm“. Und ich spüre: Sie glauben es mir nicht. Sie denken wirklich, dass es nur noch sogenannte „besorgte Bürger“ gibt und alle anderen sich frustriert oder enttäuscht zurückgezogen haben.
Darum ist diese Preisverleihung so wichtig, die eigentlich auf dem Marktplatz stattfinden sollte, damit alle sehen und hören: Allerdings gibt es sie noch, die „sorgenden Bürgerinnen und Bürger“, die sich nicht haben ins Bockshorn jagen lassen, die trotz aller Kritik und Beschimpfungen weiter machen, die gerade wegen der menschenfeindlichen Stimmung im Land dabei bleiben, die – mit welchen kulturellen oder religiösen Prägungen auch immer – eine Überzeugung teilen: dass Menschenrechte nicht teilbar sind; dass die Menschenwürde unanstastbar … sein soll und doch immer wieder angetastet wird. Sorgende Bürgerinnen und Bürger, die wissen oder vielleicht auch nur spüren, dass die Ausgrenzung und Herabwürdigung einer Gruppe von Menschen die Ausgrenzung anderer Gruppen nach sich zieht und letztlich die gesamte Gesellschaft zugrunde richtet. Positiv formuliert: dass Gesellschaften nur funktionieren, wenn sie solidarisch sind, im Kleinen eines Gemeinwesens und im ganz Großen der Weltgesellschaft.
Es ist ein Glück, dass es Sie, das Team von „Freund statt fremd“ hier in Bamberg gibt, und dass Sie Teil einer sehr großen sorgenden Zivilgesellschaft in Deutschland sind, die allerdings immer wieder übersehen wird, weil sie nicht so laut ist wie die eigentlich viel kleinere Gruppe der ressentimentgeladenen Hassprediger und Hasspredigerinnen, deren Ziel es ist, aus Fremden Feinde zu machen. Vielleicht müssen auch wir etwas lauter werden. Aber dazu komme ich noch.
Auch wenn Sie erst seit 2015 ein eigenständiger gemeinnütziger Verein sind, existiert Ihre Initiative bereits seit 2011. Eine Zeit, wo Flüchtlinge noch nicht in aller Munde waren, das Jahr, in dem der Syrienkrieg begann, eine Zeit, in dem Kirchen, Verbände und Flüchtlingsinitiativen immer wieder darauf hinwiesen, dass Europa mehr Verantwortung für den Flüchtlingsschutz übernehmen muss. Eine Zeit, in der bereits absehbar war, dass die Nachbarstaaten Syriens mit der dauerhaften Aufnahme von Millionen von Flüchtlingen überfordert sein würden.