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Der „Geist von Potsdam“ –
die Aktualität eines politischen Mythos.

Stephan Malinowski (li) und Matthias Grünzig am 21.11.19 in Weimar

Vom 24. November 1919 in der Garnisonkirche Potsdam bis zum 17. Januar 2017 in Dresden

Vortrag von Matthias Grünzig anläßlich der Veranstaltung „2. Demokratisches Doppel: Adel und Nationalsozialismus“ der Martin-Niemöller-Stiftung am 21./22.11.19 in Weimar und Potsdam

 

Im Februar dieses Jahres haben wir an den demokratischen Aufbruch der Jahre 1918 / 19 erinnert. Am 6. Februar 1919 trat die erste demokratisch gewählte Deutsche Nationalversammlung in Weimar zu ihrer Eröffnungssitzung zusammen, dieser Tag war so etwas wie die symbolische Geburtsstunde der ersten deutschen Demokratie. Während dieser Sitzung hielt Friedrich Ebert eine symbolträchtige Rede, in der er die geistigen Grundlagen der neuen Republik definierte. Es war dies der „Geist von Weimar“, der mit Demokratie, Liberalität und der Abkehr von den preußischen Militärtraditionen assoziiert wurde.[1] Dieser „Geist von Weimar“ wurde in den Folgejahren auf unzähligen demokratischen Veranstaltungen beschworen. (mehr …)

Michael Daxner:
Auschwitz, die Shoah, beginnt auch in Potsdam, hier.

 

 

Prof. Dr. Michael Daxner Foto: Thomas Ahlmeyer
Prof. Dr. Michael Daxner
Foto: Thomas Ahlmeye

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VORBEMERKUNG:

Diesen Vortrag habe ich am 9.2.2019 in Auszügen bei einer Veranstaltung „Geist von Weimar – Geist von Potsdam“ gehalten; ich bin gemeinsam mit Eugen Ruge, Matthias Grünzig und Hanne Birkenbach aufgetreten, es wurde diskutiert, und vor der Veranstaltung wurde ein Baum gepflanzt. Die Vorträge waren durchaus heterogen und sind auch Ausdruck der Breite und unterschiedlichen Struktur der Ablehnung gegen den Bau der Garnisonkirche Potsdam.

Den Leser*innen des Blogs lege ich eine frühere Version des Themas nahe, die viele Argumente vorbereitet hatte und auch eine Reihe von Literaturstellen und Referenzen enthält, die ich jetzt nichtmehr eingebaut habe. TAG VON POTSDAM: DIE GARNISON DER UNBELEHRBAREN, 23.3.2018, wie immer unter michaeldaxner.com
Tag von Potsdam, die Garnison der Unbelehrbaren – und Widerstand

 

ABLEHNUNG DES AUFBAUS DER GARNISONKIRCHENTURMS IN POTSDAM

Die Stadt ist gespalten. Unter dem Neubau der Garnisonkirche in Potsdam leiden Freundschaften, politische Beziehungen und mein Lebensgefühl in dieser Stadt. Es gibt Gründe, warum ich diese Verwerfungen auf mich nehme; einige werde ich hier vortragen, zugleich versuche ich, die subjektiven Kernbereiche des Konflikts vor zu großer Beschädigung zu stützen. Jedenfalls hat dieses Bauwerk mein Leben in Potsdam verändert, der Widerstand dagegen hat es jedenfalls schwieriger gemacht.

Ich spreche heute ausdrücklich als Wissenschaftler und als jüdischer Deutscher bzw. Österreicher. Das bedeutet zum einen, dass bestimmte Formen der Argumentation keine Rücksicht auf ihre Wirkung nehmen dürfen; in diesem konkreten Fall geht es um die Behauptung der Illegitimität, den Kirchenbau mit dem Angebot zur Versöhnung zu verbinden. Zum anderen fühle ich mich als jüdischer Mensch angegriffen durch eine Politik, die sich der Geschichte bemächtigt und sie mir durch das Faktum aufzwingt, dass ja längst gebaut wird: ich soll mich abfinden, aber ich werde es nicht, und so muss ich den Turm als das denunzieren, was er ist: die Versöhnung der Täter mit sich selbst. Es handelt sich auch um jüdische Selbstverteidigung[1], die ich nicht alltäglich üben muss. Im Judentum spielt Versöhnung eine große Rolle. Dabei ist sie innerhalb der Religion wesentlich für die jüdische Gotteskonstruktion, während sie im Verhältnis zur Umgebungskultur vor allem aus den Quellen des christlichen Antijudaismus an die jüdischen Nachgeborenen eines vergangenen Unrechts herangetragen wird. Beides spielt hier eine Rolle: Gott braucht die Versöhnung der Menschen untereinander, damit er sich seiner Welt sicher kann, und dann den einzelnen Menschen ihre Sünden vergeben kann (d.h. etwas verkürzt, nur wenn er die Welt richtig gemacht hat, können die Menschen sich über ihre Wirklichkeit verständigen. Einer braucht den anderen dazu). Dies ist ein religionswissenschaftliches, wenn man will: ein theologisches Argument. Das andere ist politisch: wenn den Christen von heute die Judenverfolgungen der Vergangenheit leid tun, dann wollen sie, dass ihnen ex post vergeben werde. Das ist verständlich, aber nicht auf die Präsenz des Geschehenen Unrechts gerichtet. Verzeihung in diesem Sinn bliebe folgenlos. Und Versöhnung ist unmöglich, es sei denn – und das ist für das Folgende entscheidend – das Unrecht der Vergangenheit bestünde bis jetzt und in Zukunft fort, schüfe also eine Wirklichkeit, deren Anerkennung allein Versöhnung sinnvoll und möglich macht. Der Tag von Potsdam ist noch nicht vergangen. Deshalb einige verdichtete Aussagen dazu:

  1. Ich lehne das Angebot der Versöhnung durch die Erbauer des Turms ab. Es ist moralisch illegitim und politisch eine Provokation, d.h. angebotene Versöhnung ist nicht möglich.

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Der „Tag von Potsdam“ am 31. März 1933
von Matthias Grünzig

"Der Marschall und der Gefreite kämpfen mit uns für Frieden und Gleichberechtigung". Das bekannte NS-Wahlplakat zur Reichstagswahl am 12. November 1933, bei dem die NS-Propaganda den im Ersten Weltkrieg entstandenen Hindenburg-Mythos für sich zu nutzen versuchte. Verantwortlich für das Plakat zeichnete Hugo Fischer (1902-1979), stellvertretender Reichspropagandaleiter der NSDAP.Vortrag auf der Veranstaltung

Garnisonkirche der Nation – Gesegnete Kriege vor 1933“
am 22.3.2018 im Alten Rathaus in Potsdam

(Den Vortrag mit Illustrationen finden Sie hier:)
GarnisonkircheVortragPotsdam.22.03.2018

Der Tag von Potsdam war ein komplexes Geschehen mit vielen Facetten. Ich will in meinem Vortrag einige Aspekte beleuchten.

Die Ausgangslage

Zunächst will ich etwas zur Ausgangslage sagen. Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Gleich nach dem 30. Januar und verstärkt nach dem Reichstagsbrand am 27.Februar 1933 setzte ein Terror gegen Sozialdemokraten, Gewerkschaftler, Kommunisten, aber auch demokratische Journalisten, wie Carl von Ossietzky, ein. Zehntausende Gegner des Regimes wurden verschleppt, gefoltert und auch schon ermordet. Demokratische Grundrechte, wie die Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit, das Demonstrationsrecht wurden mit der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 abgeschafft.2 Gleichzeitig begann ein Terror gegen die jüdische Bevölkerung.3 Die Potsdamerin Miami von Mirbach empörte sich schon am 11. März 1933 in einem Leserbrief über, so wörtlich „Terrorakte“ gegen die jüdische Bevölkerung.4

 

Dennoch war Hitler noch weit davon entfernt, ein Alleinherrscher oder der Führer des deutschen Volkes zu sein. Er war vielmehr Kanzler einer Koalition aus NSDAP, der Deutschnationalen Volkspartei und dem Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten. Selbst in dieser Koalition war Hitlers Führungsrolle keineswegs unumstritten. Ein wichtiger Konkurrent war Alfred Hugenberg. Hugenberg war Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei. Diese Partei hatte zwar relativ wenige Wählerstimmen, sie hatte bei den Reichstagswahlen im November 1932 nur 8,5 Prozent erreicht. Aber sie hatte eine starke Position in der Beamtenschaft, in der Justiz, in der Polizei, beim Militär und in der Wirtschaft.5

1 Vortrag auf der Veranstaltung „Garnisonkirche der Nation – Gesegnete Kriege vor 1933“ am 22.3.2018 im Alten Rathaus in Potsdam
2 Dietrich Bracher/Wolfgang Sauer/Gerhard Schulz: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Köln/Opladen, 1962, S. 54-58, 72-74, 82-88
3 Vgl. auch: Schaufenstersturm in Potsdam, in: Potsdamer Volksblatt, 14.2.1933
4 Leserbrief Miami von Mirbach, in: Potsdamer Tageszeitung, 11.3.1933
5 Otto Meissner: Ebert, Hindenburg, Hitler, Erinnerungen eines Staatssekretärs, 1918-1945, Esslingen/München, 1991, S. 285

Zudem war Hugenberg der Inhaber des Hugenberg-Konzerns, des größten Medienimperiums in Deutschland. Zu diesem Konzern gehörten zahlreiche Zeitungen und die UFA. Hugenberg war in der neuen Regierung Wirtschaftsminister. Viele sahen in Hugenberg den eigentlichen starken Mann in der Reichsregierung.

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Die Geschichtsvermittlung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche

Download:

2017-10Gutachten2.0_Geschichtsvermittlung

Gutachten

 

Martin-Niemöller-Stiftung

Projektgruppe „Geschichtsort ehemalige Garnisonkirche Potsdam“
Gerd Bauz, Hermann Düringer, Christine Madelung,

Hans Misselwitz, Ursula Schoen, Claudia Sievers

Wiesbaden, September 2017

 

Inhaltsverzeichnis

 

  1. Die Zielstellung
  2. Die Methode
  3. Die Angebote der Stiftung Garnisonkirche Potsdam / Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der ehemaligen Garnisonkirche zur Geschichtsvermittlung
  1. Der Wahrheitsgehalt der Geschichtsvermittlung

4.1. Das Online-Angebot

4.2. Die Zeitschrift „Potsdamer Spitze“

4.3. Die Ausstellung

  1. Fehlstellen und „weiße Flecken“
  2. Fazit
  3. Handlungsempfehlungen 13

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Gutachten zum Nutzungskonzept für den Erinnerungsort „Potsdamer Garnisonkirche“

Lesen Sie das vollständige Gutachten hier:
2017-05NutzungskonzeptGarnisonkircheGutachten

 

ZusammenDresden4fassung:

 

Wie umgehen mit einem der „wichtigsten Geschichtsorte Deutschlands“?

Die Martin-Niemöller-Stiftung legt für die weitere Auseinandersetzung um den Erinnerungs- und Gedenkort Garnisonkirche Potsdam ein Gutachten zum Nutzungskonzept vor.

Untersucht wird darin, wie die Stiftung Garnisonkirche Potsdam, der das Grundstück gehört und die dort eine Rekonstruktion des historischen Gebäudes errichten will, konzeptionell vorgeht. Im zweiten Teil wird dieses Herangehen mit anderen Erinnerungsorten verglichen, u. a. der Topographie des Terrors Berlin, der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin, dem NS-Dokumentationszentrum München.

 

Zusammenfassend werden folgende Feststellungen getroffen:

„Das aktuelle Nutzungskonzept der Stiftung Garnisonkirche Potsdam wird den Ansprüchen an diesen herausragenden Erinnerungsort nicht gerecht. Die größten Mängel des Konzeptes sind:

  • Für Veranstaltungen und Ausstellungen ist kein Geld eingeplant.
  • Für die Geschichtsvermittlung ist kein geeignetes Personal vorgesehen.
  • Die geplanten Räumlichkeiten sind für eine anspruchsvolle Geschichtsvermittlung zu knapp bemessen. Vor allem die Ausstellungsräume sind zu klein.
  • Es fehlt ein Wissenschaftlicher Beirat, der ein hohes wissenschaftliches Niveau der Arbeit sichern kann.
  • Das inhaltliche Konzept ist sehr vage und teilweise missverständlich, es bietet deshalb viel Raum für einen Missbrauch dieses Gebäudes für geschichtsrevisionistische Ziele.“ (S. 16)

Drei Folgerungen werden daraus abgeleitet:

„Nötig ist eine breite Diskussion über die Geschichtsvermittlung an diesem Ort und über die Schwerpunkte, die gesetzt werden sollen.“

„Nötig ist ein Neustart, bei dem insbesondere die politischen Parteien, die Parlamente und die Kirche in ihren verantwortlichen Gliederungen sich selbst umfassender einbinden.“

„Nötig ist zudem die Einbindung bisher fehlender, schwach vertretener oder abgewiesener Akteursgruppen aus Wissenschaft, Theologie, Erinnerungsarbeit, Zivilgesellschaft und Stadtbevölkerung.“ (S. 17)

Erstellt wurde das Gutachten von einer internen Projektgruppe der Martin-Niemöller-Stiftung. Ihr gehören zwei Theologen an, Hermann Düringer und Hans Misselwitz, zwei Organisationsentwicklerinnen, Christine Madelung und Gerd Bauz, und die Geschäftsführerin der Niemöller-Stiftung, Claudia Sievers. Gerd Bauz ist Mitglied des Vorstands.

Das Gutachten wurde den Bundesvorständen der im Bundestag vertretenen Parteien, dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, einem breiten Kreis weiterer beteiligter Akteure und selbstverständlich der kritisierten Stiftung zugestellt.

Prof. Monika Grütters MdB, Staatsministerin für Kultur und Medien, erhielt das Gutachten, weil sie über Bundeszuschüsse in Höhe von 12 Millionen € mit zu entscheiden hat.

Im Zusammenhang mit dem beginnenden Evangelischen Kirchentag erhielten das Gutachten die Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“ und kirchliche Friedensgruppierungen. Schließlich ging das Gutachten an örtliche Bürgervereinigungen in Potsdam.

Wiesbaden, 23. Mai 2017                                                                  Claudia Sievers, Geschäftsführerin

Markus Wriedt:
„Mit Gott für König und Vaterland!“
Wilhelminische Predigten in und um die Garnisonkirche.[1]

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1. Einleitung

Kirche und Krieg implizieren einen diametralen Gegensatz, einen kontradiktorischen Zusammenhang. Zumindest ist das im Bewusstsein zahlreicher Zeitgenossen so verankert. Friedensinitiativen, Mahnungen gegen Krieg und Gewalt stehen auf den Erwartungslisten der gegenwärtigen Predigthörerinnen und Hörer ganz oben. Zugleich wissen auch viele Menschen um den fatalen Zusammenhang von Religion und Gewalt. In der Diskussion der letzten Jahre ist dazu eine These intensiv bearbeitet worden, wonach der Exklusivanspruch monotheistischer Religionen in besonderer Weise zu unkontrollierbarer Gewaltanwendung Anlass gibt. In diesen Zusammenhang scheint die Tatsache zu passen, dass Geistliche im Krieg nicht nur die Soldaten im Gebet begleiteten und ihnen in schweren Stunden der Verwundung, Genesung oder auch des Sterbens beistanden, sondern ihnen noch vor der Schlacht den Segen und die Bewahrung Gottes zusprachen, die Waffen segneten und den Sieg als eine religiöse Pflicht formulierten. Doch ist unser Empfinden diesbezüglich gespalten: Für die einen ist dies die staatsbürgerliche Pflicht des sich loyal zu seiner Obrigkeit verhaltenden Pfarrers, für die anderen reine Gotteslästerung.

Geht man freilich nur wenige Jahre in der Geschichte zurück, scheint das Verdikt gegen die christlichen Institutionen und die von ihnen gut geheißene Gewalt bestätigt zu werden. Besonders für das Ende des Kaiserreiches und den ersten Weltkrieg wird den Kirchen und hierbei besonders den eng in die Legitimationsideologie des Kaisertums eingebundenen protestantischen Kirchen ist es offenkundig, dass der kirchlich getragene Militarismus sich in unheilvoller Weise mit Nationalismus, Kolonialismus und Imperialismus sowie einem grotesken Chauvinismus verband und entscheidend zur „Urkatastrophe der Menschheit“ beigetragen.

Die historische Kontinuität reicht noch sehr viel weiter: bis in die Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert zurück und in vielerlei Hinsicht auch noch darüber hinaus. Für die evangelischen Konfessionen gilt: Eng hatte sich die evangelische Reformation mit den säkularen Obrigkeiten verbunden und diesen mehr oder minder freie Hand bei der Durchsetzung moderner Staatlichkeit mit dem Segen Gottes gelassen. Aus der Interimslösung des sog. „Notbischofsamtes“ wurde das landesherrliche Kirchenregiment. Dass die so aufgewerteten Landesherren fernerhin das religiöse Argument auch zu politischen Zwecken gebrauchen würden, ist nicht weiter verwunderlich.  (mehr …)

Manfred Gailus:
1933 als protestantisches Erlebnis
und der „Tag von Potsdam“

 

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Vortrag von Prof. Dr. Manfred Gailus anläßlich der Tagung „Das Projekt Potsdam -Welches Zeichen will die Evangelische Kirche setzen?“ am 18./19. März 2017 in Potsdam 

 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der „Tag von Potsdam“, der sich in drei Tagen zum 84. Male jährt, war keine singuläre Entgleisung der Kirchen im fatalen Jahr 1933. Allenthalben war Hitlers Weltanschauung präsent in den Kirchen von 1933. Aber ein Alleinstellungsmerkmal hatte die kirchliche und zugleich hochgradig symbolpolitische Zeremonie vom 21. März 1933 in der Potsdamer Garnisonkirche doch: Es handelt sich um die einzige Kirche während der 12jährigen Nazi-Herrschaft, in der Hitler selbst eine Rede hielt. Gepriesen wurde der neue katholische Reichskanzler vielfach in den evangelischen Kirchen von 1933: Sehr häufig waren braune Uniformen und NS-Symbole wie das Hakenkreuz in Kirchen und Gemeindehäusern zu sehen; und gesungen wurden nicht nur Kirchenlieder, sondern nicht selten auch das Horst-Wessel-Lied. Gelegentlich befand sich am Altar neben dem Gekreuzigten auch ein Porträt Hitlers, den Angehörige der Deutschen Christen als einen von Gott gesandten Retter der Deutschen auch in Kirchen verehrten. Aber dass Hitler selbst eine Ansprache halten konnte in der Kirche – das kam, soweit bekannt, nur ein einziges Mal vor im „Dritten Reich“, eben an jenem denkwürdigen Tag in der Potsdamer Garnisonkirche, die nun, nach ihrer Zerstörung in Hitlers Krieg, erneut aufgebaut werden soll. (mehr …)

Matthias Grünzig:
„Der Geist von Potsdam“ gegen den „Geist von Weimar“

 

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Matthias Grünzig, Für Deutschtum und Vaterland. Die Potsdamer Garnisonkirche im 20. Jahrhundert. Berlin 2017
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Vortrag auf der Tagung „Das Projekt Garnisonkirche“ in Potsdam am 18.3.2017

 

Die Potsdamer Garnisonkirche ist durch den „Tag von Potsdam“ weltbekannt geworden. Weniger bekannt ist, dass die Garnisonkirche schon vor 1933 eine deutschlandweite Bedeutung hatte. Sie übte eine geradezu magnetische Anziehungskraft auf Nationalisten, Militaristen und Antisemiten aller Couleur aus. Mehr noch: die Potsdamer Garnisonkirche war der Symbolbau der extremen Rechten schlechthin. Hier fanden zwischen 1918 und 1933 über 80 politische Veranstaltungen statt, fast alle hatten eine rechtsradikale Tendenz.[2] Kaum ein Gebäude wurde so verehrt wie die Potsdamer Garnisonkirche. Sie galt als „heiliger Ort der Erinnerung“, als „Heiligtum Preußen-Deutschlands“, als „nationales Heiligtum für jeden Preußen“, als „Wallfahrtsort aller national denkenden und fühlenden Kreise“, als „Wallfahrtsort von Millionen Deutscher“ und als „Pilgerstätte“, in der „die vaterländisch gesinnten Kreise sich Stärkung für den Kampf um das echte Deutschtum suchen“.[3] Ich will in meinem Vortrag darstellen, weshalb gerade die Potsdamer Garnisonkirche diese Karriere machte und welche Konsequenzen daraus erwuchsen. (mehr …)

„….. im Schatten der Garnisonkirche“ – Potsdamer Erklärung

2017-03Potsdamer Erklärung zur Abrüstung_19.3.2017Anläßlich der Tagung „Das Projekt Garnisonkirche – Ein Zwischenruf aus Potsdam“ am 18./19. März stellte die Martin-Niemöller-Stiftung die „Potsdamer Erklärung“ zur Sicherheitspolitik und Abrüstung vor.

Download:

2017-03PotsdamerErklaerung

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Potsdamer Erklärung
der Martin-Niemöller-Stiftung


Herr Trump, bitte halbieren Sie den Rüstungsetat der USA!

Der amerikanische Präsident Trump plant die Anhebung des US-Rüstungshaushalts um 54 Milliarden Dollar. Das wären fast 10% des derzeitigen Budgets. Nach seinen Aussagen müssen die USA in der Lage sein, „Kriege wieder zu gewinnen“.

Präsident Trump fordert gleichzeitig die europäischen Mitglieder der Nato auf, ebenfalls ihre Militärausgaben zu erhöhen. Es gibt vorsichtig zustimmende Reaktionen auf seine Vorschläge, allerdings keinen deutlichen Widerspruch.

Im Jahr 2015 gaben die USA 640 Milliarden US-Dollar für Rüstung und Militär aus, das waren 36 % der weltweiten Rüstungsausgaben. Addiert man die Rüstungsausgaben der USA und ihrer Nato-Partner, so ergeben sich 50% der weltweiten Rüstungsausgaben, und dies seit Jahren. Der russische Militärhaushalt umfasst demgegenüber zum Beispiel rund 10% der Nato-Aufwendungen, 5% der Weltrüstungsausgaben – wobei wir wissen, dass auch mit diesen im Vergleich geringeren Militärausgaben verheerende Militäraktionen wie z.B. in der Ostukraine oder in Syrien durchgeführt werden können.

Dennoch gibt es keine militärische Sicherheitslücke für die USA, für Europa, für Deutschland. Im Gegenteil: Die militärische Komponente ist im Set der Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere gegenüber dem Terrorismus, zu hoch bewertet. Folglich fehlen notwendige Mittel für die Ursachenbekämpfung und für die polizeiliche Abwehr.

Deshalb erklärt die Martin-Niemöller-Stiftung:

Herr Trump, bitte halbieren Sie den Rüstungsetat der USA!
Mr. President, please cut the US military budget by 50%!
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Was ist die unsichtbare Tiefe hinter dem Menschen?

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Annegret Oelschlägel-Rumpf trug die Rede in Vertretung von Ingrid Rumpf vor Foto: Mohamad Osman

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Rede von Ingrid Rumpf* zur Verleihung der Julius-Rumpf-Preises in Wetzlar
am 18. 06. 2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Julius Rumpf, der Namensgeber unserer Stiftung, war mein Schwiegervater, leider habe ich ihn nicht mehr erlebt und kann deswegen nicht wirklich lebendig von ihm erzählen. Er war protestantischer Pfarrer im Widerstand gegen ein Unrechtsregime, er war, soviel habe ich aus Erzählungen verstanden, so etwas wie protestantisches Urgestein, und als solcher hatte er natürlich die Geschichten der Bibel verinnerlicht und aus ihnen vielleicht auch die Kraft zum Widerstand geschöpft. In diese Tradition mich einfügend, möchte ich Ihnen heute eine biblische Geschichte nacherzählen: Die wunderbare Liebesgeschichte von Boas und Ruth aus der jüdischen Bibel, dem sog. Alten Testament.

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