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Impulspapier „Sicherheits-Strategien neu denken: Gewalt stoppen und überwinden! “

Initiative_sicherheit_neu_denken_logoIm neuen Impulspapier Nr. 4 „Sicherheits-Strategien neu denken: Gewalt stoppen und überwinden! In Israel und Palästina. In der Ukraine. Global.“ werden die Kriege in der Ukraine und in Israel/Palästina, die zunehmende Klimakrise sowie die 2023 veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung reflektiert und weitere Entwicklungen aus dem Geist eines Positiv-Szenarios.

Impulspapier Nr. 4 Sicherheits-Strategien neu denken zum Download

„In einer bedrohlichen Zeit ist das neue Impulspapier ‚Sicherheits-Strategien neu denken‘ ganz ausgezeichnet. Wir müssen – wo wir können – Gewalt stoppen und überwinden. Wir brauchen Fairness gegenüber anderen Erdteilen. Wir müssen kooperieren statt rivalisieren!“

Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ehrenpräsident des Club of Rome

Initiative „Sicherheit neu denken“ 

„Sicherheit neu denken“ ist eine dialogische Initiative, die unter anderem regelmäßig Impulspapiere erarbeitet. Zu ihrem Koordinierungskreis gehört auch Gerd Bauz, Vorstand der Martin-Niemöller-Stiftung. Im April 2018 wurde im Auftrag der  Evangelischen Landeskirche in Baden „Sicherheit neu denken – Von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik — Ein Szenario bis zum Jahr 2040“ erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Szenario zeigt auf, wie analog zum Ausstieg aus der Atom- und Kohleenergie bis zum Jahr 2040 ein Ausstieg aus der militärischen Friedenssicherung und ein Umstieg in eine rein zivile Sicherheitspolitik gelingen könnte.

Mehr über die Initiative erfahren Sie hier.

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Europas Grenzen töten

Ausgegrenzt und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt: Migrant:innen an der EU-Außengrenze. (Foto: Sandor Csudai, flickr, CC-BY SA 2.0)
Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt: Migrant:innen an der EU-Außengrenze. (Foto: Sandor Csudai, flickr, CC-BY SA 2.0)

Die Martin-Niemöller-Stiftung verurteilt die Absichtserklärung zwischen Tunesien und der EU zur Fluchtabwehr aufs Schärfste. Menschenrechte werden verraten und buchstäblich verkauft – mit keinem Wort werden die rechtswidrigen Massenabschiebungen durch tunesische Behörden und die massive Gewalt gegen Flüchtlinge und Migrant*innen erwähnt.

Tunesien ist entgegen der deutschen Einstufung als sicherer Staat für Flüchtende mitnichten sicher. Das Land duldet und fördert seit Monaten pogromartige Vertreibung und organisierte Deportation von bis zu tausend Menschen an die libysche und algerische Grenze ohne Nahrung und Wasser. Dort sind die Menschen in einer Falle gefangen zwischen libyschen/algerischen und auch tunesischen bewaffneten Kräften und versperrten Fluchtwegen. Sie erleiden schwere bis schwerste Gewalt bis hin zu Tötungen, Beschuss durch Grenzkräfte, Folter, Vergewaltigung, Verdursten lassen.

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„Lasst uns nicht in die Irre gehen!“ *

Martin-Niemöller-Stiftung kritisiert: Der Ev. Kirchentag in Nürnberg ist friedensethisch vorfestgelegt.

Kurz vor dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg (7.-11. Juni 2023) übt die Martin-Niemöller-Stiftung deutliche Kritik am Vorgehen des Kirchentages.

„Ein ernsthafter Dialog mit den auf zivile und gemeinsame Sicherheitspolitik orientierten Christinnen und Christen sei im Programm des Kirchentages nicht wirklich vorgesehen“, kritisiert Michael Karg, Vorsitzender der Martin-Niemöller-Stiftung, Wiesbaden. Friedenpolitische Veranstaltungen, so mit Margot Käßmann, Konstantin Wecker und Clemens Bittlinger, wurden im Vorfeld abgelehnt.

Kritik übt die Martin-Niemöller-Stiftung auch an der Haltung von Kirchentagspräsident Thomas de Maizière. Mit seiner Predigtaussage am KirchentagsSonntag: Panzerlieferungen an die Ukraine seien notwendig und dass ein auf den ersten Blick naheliegendes und scheinbar einfaches moralisches „Nein“ ebenfalls bittere ethische und brutale politische Konsequenzen mit sich bringe**, habe er den Dialog beendet, bevor er beginnen konnte. Kirchentage aber lebten vom ergebnisoffenen, gemeinsamen und kontroversen Ringen um Wege zum Frieden.

Weiterhin bedauert die Stiftung, dass eine Nakba-Ausstellung als Beitrag zum 75. Jahrestags der Gründung des Staates Israel von der Kirchentagsleitung nicht zugelassen wurde. „Wir fragen uns: Ist der Kirchentag noch der richtige Ort für uns?“, so Karg. „Wir werden trotzdem auf dem Kirchentag (Stand B25 in Halle 1) dabei sein, um an diesem Platz mit vielen offen über friedliche Wege aus dem Krieg heraus zu sprechen.“

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Die interne Debatte geht weiter:
Russlands Krieg gegen die Ukraine

22-09-14FRClaudia Sievers Gespräch .pdf

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22-09-14FR Gespräch

Die Online-Ansicht als pdf-Datei:

2022 09 14 FR-Gespräch_claudia-gerd_online

Frankfurter Rundschau, Mittwoch 14. September 2022, S. 2/3

Sie arbeiten seit langem zusammen in der Martin-Niemöller-Stiftung. Aber beim Blick auf den Krieg gegen die Ukraine kommen Gerd Bauz und Claudia Sievers zu gegensätzlichen  Einschätzungen. Das wurde in ihren Gastbeiträgen für die FR-Reihe Friedensfragen deutlich. die Frankfurter Rundschau hat sie zu einem Gespräch an einen Tisch geholt.

Frau Sievers, Herr Bauz, zählen Sie sich zur Friedensbewegung?

Claudia Sievers: Ja.

Gerd Bauz: Ja.

Sind Sie ein Pazifist, Herr Bauz?

Bauz: Ja.

Und Sie, Frau Sievers?

Sievers: Der Begriff Pazifismus hat für mich in diesem Krieg seine Unschuld verloren.

Sind Sie Bellizistin?

Sievers: Auf  keinen Fall. Ich bin der Meinung, dass man der Ukraine auch militärisch helfen muss, zu überleben. Das hat nichts mit Bellizismus zu tun.

Wir haben Sie eingeladen, weil Sie für die FR-Serie Friedensfragen zwei höchst kontroverse Beiträge geschrieben haben. Zum Beispiel über die Frage „Wer führt diesen Krieg?“ Herr Bauz schrieb: „Die Nato führt Krieg, indirekt.“ Frau Sievers antwortete: „Ich frage mich, was noch passieren muss, damit auch Friedensbewegte wie Gerd Bauz verstehen, dass Russland diesen Krieg führt.“ Fühlen Sie sich missverstanden, Herr Bauz?

Bauz: Ja. Zum Kriegführen gehören zwei. Es gibt eine Möglichkeit, aus diesem Krieg herauszukommen, und die wird von unserer Seite – also Nato/USA – nicht genutzt. Insofern führen beide diesen Krieg. Ich würde dieses Wort „indirekt“ sogar ein Stück korrigieren. Die Unterstützung ist direkt, aber inoffiziell. Die Panzerhaubitzen werden ferngewartet hier aus der Bundesrepublik. Der gesamte Staatshaushalt der Ukraine wird derzeit vom Westen finanziert, also auch der Sold der Soldaten. Die Ausbildung findet hier statt, wahrscheinlich auch die Auswahl der Ziele durch die Aufklärung der Nato. Die Ukraine würde innerhalb von zwei Stunden zusammenbrechen, wenn sie nicht von hier gestützt würde. Es ist ein inoffizieller Nato-Krieg. Wir tragen Mitverantwortung. Dadurch haben wir aber auch eine Einflussmöglichkeit.

Sievers: Ich  widerspreche dieser Fixierung auf die Nato. Diesen Krieg hat einzig und allein Russland zu verantworten, und er ist eingebettet in ein imperiales Projekt. Ich möchte hier auch nicht wieder über die angeblich verletzten Sicherheitsinteressen Russlands sprechen – das war nur eines von vielen Narrativen, von dem sich Russland längst verabschiedet hat. Länder wie Moldawien, Georgien oder Finnland und natürlich die Ukraine haben auch Sicherheitsinteressen.

Bauz: Ich stimme Dir völlig zu, dass dies ein imperialer Angriff auf die Ukraine war.

Sievers: Ein lange geplanter!

Bauz: Ja, ein lange geplanter. Aber das ändert nichts daran: Es hat einen Vorlauf, es hat verschiedene Beteiligte, deren Interessen berücksichtigt werden müssen. Aber wenn man nach vorne schaut, muss man doch betrachten: Wie kann Russland mit seinen Sicherheitsinteressen wieder eingebunden werden?

Sievers: Es kann keinen Frieden geben ohne Russland. Aber es kann auch keinen Frieden geben mit einem Russland, das das Völkerrecht und die Menschenrechte missachtet und kein verlässlicher Bündnispartner ist. Wenn wir einen friedlichen Nachbarn Russland möchten, müssen wir diejenigen unterstützen, die für ein „anderes Russland“ stehen. Man verrät einen Teil der russischen Gesellschaft, wenn man sich mit dem Regime zu sehr gemein macht. (mehr …)

Debatte: Russlands Krieg gegen die Ukraine

Auch in der Martin-Niemöller-Stiftung treffen die unterschiedlichen Einschätzungen aufeinander. Wir dokumentieren Rede und Gegenrede zwischen Gerd Bauz und Claudia Sievers in der Frankfurter Rundschau.

 

2022 08 19 FR-was bietet der pazifismus.. (1)Was hat der Pazifismus noch zu bieten?

von Gerd Bauz, FR vom 19.08.2022

„Verhandeln heißt nicht kapitulieren,
ist kein Zeichen der Schwäche,
sondern 
der Reife.“

Da hat man schon einen bitteren Rückschlag einzustecken, dann wird man auch noch beschimpft, von „Ponyhof“ bis „Unterwerfung“, von „naiv“ bis „obszön“. So geht’s gerade dem Pazifismus. Mittlerweile dreht sich das Blatt ein wenig, der Krieg kommt nicht voran und der Pazifismus wird gefragt: Wie kommen wir aus dem Krieg zum Frieden?

Militärischer Sieg oder Verhandlungslösung? Nato, Ukraine und Russland sind sich einig, Entscheidung auf dem Schlachtfeld. Das ist furchtbar, grausam und herzlos, aus der Zeit gefallen. Aber viele in ihren Ländern tragen das mit, sind selbst geistig und seelisch ins „System Krieg“ gefallen. Politik ade, der Krieg wird’s richten, wir fechten es aus, der Sieg ist unser, „Panzer, Panzer, Panzer.“

Ein militärischer Sieg ist weder realistisch noch wünschenswert. Unter seinem nuklearen Schirm ist Russland unangreifbar und unbesiegbar. Zudem gibt es für Nato-Europa die abschreckende Zweitschlagskapazität nicht. Sollte ein russischer Atomangriff erfolgen – wird militärisch voraussichtlich nichts geschehen; es wird zu Verhandlungen kommen. Wenig schlüssig ist zu meinen, der Krieg sei der bösen Psyche Putins entsprungen, und zu glauben, er lasse sich einfach besiegen.

Das Sieg-Ziel ist ethisch und politisch abzulehnen, weil es das Töten, Vergewaltigen, Zerstören fortführt auf unbestimmte Zeit. Auf diesem Weg wird die Ukraine „Grenzland“ wie vielleicht nie zuvor in ihrer Geschichte, zerrieben zwischen den Blöcken Russland und Nato. Der ukrainische Präsident Selenskyj setzt nur auf Sieg, wie viel Leid mutet er seinem Volk zu? Ein Viertel von 42 Millionen lebt jetzt im Ausland, was bedeutet das für die zerrissenen Beziehungen und Familien? Ein Mädchen, das hier Zuflucht fand, wird in dieser Zeitung so zitiert: „Egal, wie es mit uns weitergeht, ob wir hierbleiben werden. Wir wünschen uns nur eins, dass es Frieden gibt.“

Der Spurwechsel zu Verhandlungen braucht allerdings das Verlassen der bellizistischen Sichtweisen. Verhandeln heißt nicht kapitulieren, ist kein Zeichen der Schwäche, sondern der Reife. Das Kriegsnarrativ, mit Putin könne man nicht verhandeln, ist doppelt irrig. Niemand kann dies wissen, der’s nicht versucht. Und es ist praktisch widerlegt: Die Getreideexporte sind erfolgreich ausgehandelt und werden umgesetzt.

Verhandeln folgt der Friedenslogik. Es spielt keine Rolle, wer kriegerisch gerade im Vor- oder Nachteil ist, ein Ergebnis wird erzielt und Bestand haben, wenn beide Seiten ihre Interessen gewahrt sehen. Dann aber ist es stabil. Als Menschen handeln wir im positiven Sinne mit dem, was wir als möglich voraussetzen.

Die emotionale Hürde ist: Aus dem Feind, dem Aggressor, wird der Verhandlungspartner, aus dem Schlächter von Butscha wird Herr Wladimir W. Putin, Präsident der Russländischen Föderation, so der offizielle Name. Verhandelnd geht es um Respekt, im Ergebnis um Fairness.

Stammte der russische Angriff aus einer inneren bösartigen Entwicklung, könnte man logischerweise nur kämpfen und vernichten. Es liegt aber ein jahrzehntelanges Konfliktgeschehen vor, die Nachbeben des Zerfalls der Sowjetunion. Russland als Nachfolgestaat hat die Phantomschmerzen des Kleinerwerdens zu bearbeiten, USA und Nato ihre Hybris als Sieger. Die Ukraine braucht eine doppelte Bewegung, sich aus der Abhängigkeit von Russland ihre Souveränität zu erringen beziehungsweise jetzt zu verteidigen (am besten in Verhandlungen als gesicherte Neutralität) und die unverrückbare räumliche Nachbarschaft zum gegenseitigen Nutzen zu gestalten.

Es braucht zwei Verhandlungstische: Ukraine-Russland und Nato-Russland. Der General a.D. und Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat hat früh den „Nato-Russland-Rat“ vorgeschlagen. Das wird nicht aufgegriffen. Das hat einen Grund, das Tabu dieses Krieges. Manchmal muss der Pazifismus das kleine Kind aus Andersens Märchen sein, das ausspricht: Der Kaiser ist nackt. Die Nato führt Krieg, indirekt. Wie lange muss die Ukraine leiden, bis die Nato Verhandlungen anbietet – oder deren Führungsmacht, die USA?

Gerd Bauz, Organisationsentwickler und Mediator, ist Vorstandsmitglied der Martin-Niemöller-Stiftung.

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322.30-08FRClaudia_SieversSind Teile der Friedensbewegung blind für Putins Aggression?

von Claudia Sievers, FR vom 30.08.2022

 

„Es gibt in diesem Krieg nur einen Akteur,
der nicht am Frieden interessiert ist – der,
der einen Angriffskrieg führt.“

 

 

In weiten Teilen der „alten“ Friedensbewegung ist aktuell eine schwer zu greifende, subkutane Russland-Affinität anzutreffen. Der Beitrag von Gerd Bauz in der Serie Friedensfragen der FR (19.8.2022) atmet leider genau diesen Geist.

In dieser eingefahrenen Logik verbleibend ist für den Autor klar: „Die Nato führt Krieg, indirekt.“ Ich frage mich, was noch passieren muss, damit auch Friedensbewegte wie Gerd Bauz verstehen, dass Russland diesen Krieg führt? Wann werden sie damit aufhören, sich aus einer jahrzehntelang gepflegten Gegnerschaft zur Nato reflexhaft auf die Seite einer brutalen Diktatur zu stellen? Denn das tun sie.

 Der Beitrag von Gerd Bauz atmet – allen Leid- und Zerstörungsfloskeln zum Trotz – vor allem eine immer wiederkehrende Gleichsetzung von Tätern und Opfern. Wenn der Autor schreibt: „Nato, Ukraine und Russland sind sich einig, Entscheidung auf dem Schlachtfeld“, dann suggeriert er damit eine Auseinandersetzung zwischen drei gleichwertigen Akteuren, die sich nur untereinander einigen müssen; als hätte Russland nicht längst die Entscheidung getroffen, die Ukraine als Staat und als Kultur zu zerstören.

An anderer Stelle vollzieht der Autor sogar eine Täter-Opfer-Umkehr mit der Aussage, ein „Sieg-Ziel“ sei abzulehnen, weil es weitere Opfer verursache – gerade so, als sei nicht der Angriff, sondern eine erfolgreiche Verteidigung die Ursache des massenhaften Sterbens. Besonders der Satz über Wolodymyr Selenskyj „Wieviel Leid mutet er seinem Volk noch zu“? ist eine Täter-Opfer-Umkehr wie aus dem Bilderbuch: WER mutet denn eigentlich dem ukrainischen Volk so viel Leid zu? Es gibt in diesem Krieg nur einen einzigen Akteur, der nicht am Frieden interessiert ist, und das ist der, der einen revisionistischen Angriffskrieg führt.

Für eine fatale Fehleinschätzung halte ich die Aussage, dass der aktuelle Krieg auf ein jahrzehntelanges Konfliktgeschehen ausgelöst durch Nato/USA zurückzuführen sei und eben nicht einer „inneren bösen Entwicklung“ entstamme. Woher kommt diese Blindheit (nicht nur, aber besonders) von Teilen der Friedensbewegung, die die Entwicklung Russlands der letzten Jahrzehnte entweder schlicht verschlafen oder bewusst ignoriert haben? Die Tschetschenien- und Georgien-Kriege, die Zerstörung Grosnys, Giftanschläge, Auftragsmorde, Staatsterror, Wahleinmischungen im Westen, Unterstützung rechtsextremer Parteien, Massaker in Syrien, Destabilisierung durch Trollfabriken und Desinformationskampagnen, Krieg im Donbas, Annexion der Krim, Abschuss von MH17, Zerstörung der nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen Friedensordnung, Cyber-Attacken auf zahlreiche NATO-Mitglieder, Entwicklung zur repressiven Diktatur, Massenmord in der Ukraine – die Leute vom Fach beobachteten diese Entwicklung schon lange und warnten entsprechend.

Natürlich sind Verhandlungen und Gespräche immer einer gewaltsamen Lösung vorzuziehen. Jede Bemühung, auch in kleinen Schritten Fortschritte zu erreichen, ist zu unterstützen. Leider leidet auch dieser Beitrag – wie all die Offenen Briefe und gutgemeinten Positionspapiere – darunter, dass die Vorschläge über Allgemeinplätze nicht hinausreichen.
Gerd Bauz spricht von „Verhandlungen, bei denen beide Seiten ihre Interessen gewahrt sehen“. Ich möchte ihn als erfahrenen Moderator gerne fragen, wie er sich Verhandlungen vorstellt, wenn die eine Seite das dezidierte Interesse hat, die andere zu zerstören, und diese das Interesse verfolgt, dies nicht zuzulassen.

Eine Friedensbewegung, wie ich sie verstehe, sieht ihre Aufgabe auch darin, die die offene Gesellschaft gegen einen Despoten zu verteidigen, der den westlichen Demokratien ausdrücklich den Kampf angesagt hat. Die „alte“ Friedensbewegung atmet hingegen wie die Partei Die Linke und – man kommt nicht umhin, es in einem Atemzug zu nennen – die AfD  eine unterschwellige Russland-Affinität. Was bei den Alt- und Neurechten die generelle Ablehnung der ihnen verhassten liberalen Demokratie als Ausdruck des in ihren Augen „dekadenten“ Westens ist, speist sich bei der Friedensbewegung aus einer jahrzehntelangen Sozialisation, in der neben vielen Erfolgen in Sachen Abrüstung, Rüstungskontrolle und ziviler Konfliktbearbeitung der misstrauische Blick immer gen Westen gerichtet blieb.
Ob der Pazifismus heute noch etwas zu bieten habe? Eine Anerkennung der Realitäten und der Schutz der Angegriffenen scheint mir jedenfalls im Moment vordringlich zu sein.

Claudia Sievers war von 1997 bis 2020 Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der Martin-Niemöller-Stiftung und betreute zehn Jahre lang das deutsch-ukrainische „Projekt Peremoha“ (Thema: „Verbrannte Dörfer“, Zwangsarbeit) der Stiftung.

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Bamberger Appell

2018-07Bamberger Appell

Anläßlich der Verleihung des Julius-Rumpf-Preises an den Bamberger Verein „Freund statt fremd“ verabschiedeten die Martin-Niemöller-Stiftung und PRO Asyl den Bamberger Appell zur aktuellen Flüchtlingspolitik.

Atomwaffenverbot ins Grundgesetz!
Ein oekumenischer Aufruf gegen die Verdrängung der atomaren Gefahr

 

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Wir sagen Nein zu Atomwaffen und zur atomaren Teilhabe Deutschlands.

Ein Appell an die Regierung, an unsere Kirchen und an uns selbst.

von Heino Falcke u.a.

 

Wir erinnern daran, dass vor siebzig Jahren in Amsterdam der Weltrat der Kirchen gegründet wurde. Von 1948 bis in unsere Tage hinein hat der Weltrat sich nachdrücklich und vehement gegen Atomwaffen ausgesprochen. Unter keinen Umständen dürfe es wieder zu einem Einsatz von Atomwaffen kommen. Nach Hiroshima und Nagasaki waren solche Bekundungen nur zu verständlich. Aber die Oekumenische Bewegung ist auch in den Jahrzehnten nach dem ersten Atomwaffenabwurf bei ihrer kritischen Haltung gegenüber einem Atomwaffeneinsatz geblieben. Sie bezeichnete ihn 1983 auf ihrer Weltkirchenkonferenz in Vancouver als ein Verbrechen gegen die Menschheit. Atomwaffen stellen durch ihre bloße Existenz ein permanentes Kriegs- und Vernichtungsrisiko dar, selbst wenn sie vorgeblich als Mittel der Abschreckung dienen sollen.Dies gilt umsomehr, als alle Bemühungen um Nichtverbreitung von Atomwaffen gescheitert sind.

Anfang Februar 2018 haben die USA eine neue Nuklearstrategie angekündigt. (mehr …)

Eine Tagung und ihr Widerhall –
Presseschau „Garnisonkirche“

Die Tagung zur Garnisonkirche am 18./19. März 2017 hat ein vielfältiges Presse-Echo gefunden. Hier können Sie die entsprechenden Artikel und Dateien öffnen:

Die Broschüre mit allen Textbeiträgen der Tagung kann hier heruntergeladen werden:
2017BroschüreGarnisonkircheVerkl

Artikel im „Neuen Deutschland“ von Thomas Klatt:
18.04.2017NDSymbolbau der extremen Rechten (neues-deutschland.de)

 

Eine Seite zur aktuellen Kontroverse im PUBLIK-Forum 7/2017:
Publik Forum 7-17 Garnisonskirche

Ein kurzer Bericht in ZDFheute:
30.3.17ZDFheute

DIE KIRCHE vom 26.3.2017 bringt ein Interview mit  Wolfgang Huber:
26.3.17DieKircheS.3

Eine kurze Stellungnahme von Niemöllerstiftung und der Intiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“ sowie von Hermann Düringer:
26.03.17PM     26.3.17LeserbriefDüringer

Berichte in den „Potsdamer Neuen Nachrichten“ (PNN):
12.4.17PNNganze Seite      25.3.17PNN    24.03.17PNNS.7

Eine erste Reaktion am 20.3. und eine Reaktion von Gerd Bauz:

20.3.17PNN   20.3.17LeserbriefBauz

Im Vorfeld der Tagung berichtete und kommentierte die Evangelische Sonntagzeitung

19.2.17EvSonntagszeitungArtikel    19.2.17EvSonntagszeitungKommentar

Lesen Sie hier Heino Falckes „Zwischenruf“ auf der Tagung vom Oktober 2015 in Pankoe, veröffentlicht in der epd-Dokumentation 18-19-2016:
2016heino_falckeEpdDok

Schluss mit Doppelmoral und Unsicherheitspolitik gegenüber der Zivilbevölkerung!

Stellungnahme der Martin-Niemöller-Stiftung zum Tornado-Einsatz in Afghanistan

Am 1. und 2. März 2007 hat Bundesverteidigungsminister Jung die Verteidigungsminister der Europäischen Union nach Wiesbaden eingeladen. Schon eine Woche darauf, am 9. März, soll der deutsche Bundestag beschliessen, sechs Tornados nach Afghanistan zu schicken. Beide Ereignisse zeigen ein Übermass an nur militärischem Denken und eine Unterfunktion sozialer und friedensfördernder Politik.

1.
Die deutsche und die afghanische Gesellschaft werden getäuscht, wenn so getan wird, als hätten die Tornados nicht die Aufgabe, genau jene Ziele auszumachen, die anschliessend bombardiert werden. Alle Zahlen belegen: Getroffen werden weitaus mehr Zivilisten als Terroristen.  Getroffen wird auch das Völkerrecht. Erreicht wird immer weniger Frieden.
2.
Eine derartige Praxis rekrutiert – wie es im Irak und in Tschetschenien sichtbar wird – ständig neue Terroristen. Sie offenbart eine zynische Haltung, die Sicherheit vorrangig für die Industriestaaten durch Rohstoffsicherung und High-Tech-Waffen erreichen will. Der Aufbau von Zivilgesellschaften, eine gerechtere Verteilung von Lebenschancen, die Durchsetzung von Menschenrechten werden dagegen weltweit verhindert. Millionen Hungertote, Krüppel und Flüchtlinge sind die Opfer einer solchen Unsicherheitspolitik.
3.
Von kleineren Staaten sind nur dann glaubwürdig die überall notwendigen Abrüstungsschritte einzufordern, wenn Nato und Europäische Union selbst ernsthaft abzurüsten beginnen und darüber hinaus den für sie einträglichen internationalen Handel mit Rüstungsgütern und Waffen zurückfahren.

Wie man auch zu dem Bundeswehreinsatz steht: es stellt sich die Frage, ob die Nato sich nicht aus Afghanistan zurückziehen sollte, wenn – wie zu befürchten – die militärische Konfliktlösung misslingt. Bundestag und Bundesregierung lassen nationale und internationale Initiativen für politische Alternativen vermissen .