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Die Geschichtsvermittlung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche

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2017-10Gutachten2.0_Geschichtsvermittlung

Gutachten

 

Martin-Niemöller-Stiftung

Projektgruppe „Geschichtsort ehemalige Garnisonkirche Potsdam“
Gerd Bauz, Hermann Düringer, Christine Madelung,

Hans Misselwitz, Ursula Schoen, Claudia Sievers

Wiesbaden, September 2017

 

Inhaltsverzeichnis

 

  1. Die Zielstellung
  2. Die Methode
  3. Die Angebote der Stiftung Garnisonkirche Potsdam / Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der ehemaligen Garnisonkirche zur Geschichtsvermittlung
  1. Der Wahrheitsgehalt der Geschichtsvermittlung

4.1. Das Online-Angebot

4.2. Die Zeitschrift „Potsdamer Spitze“

4.3. Die Ausstellung

  1. Fehlstellen und „weiße Flecken“
  2. Fazit
  3. Handlungsempfehlungen 13

Anhang:

Verschwörer des 20. Juli 1944 und ihr Verhältnis zur Garnisonkirche

Literaturverzeichnis

Anmerkungen

 

  1. Die Zielstellung

 

Der Ort der ehemaligen Garnisonkirche in Potsdam ist ein wichtiger Schauplatz deutscher Geschichte. Der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, aber auch die politische Nutzung der Garnisonkirche während der Weimarer Republik und der NS-Zeit machte die Kirche zu einem herausragenden Symbolbau.

Aktuell gibt es Bemühungen zum Wiederaufbau des Turms der ehemaligen Garnisonkirche. Sowohl die 2004 gegründete „Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche“ als auch die 2008 gebildete „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ engagieren sich für einen Wiederaufbau. Als ihr Ziel geben sie die Schaffung eines Friedens- und Versöhnungszentrums an, das dem Motto „Geschichte erinnern – Verantwortung lernen – Versöhnung leben“ folgen soll.

In einer Vorlage zur ehemaligen Garnisonkirche an die Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EKBO) am 8. und 9. April 2016 heißt es:

„Kaum ein anderer kirchlich geprägter Ort eignet sich deshalb so sehr, Spuren unserer Geschichte zurück zu verfolgen, zu analysieren und daraus zu lernen.“[1]

Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, schrieb im Frühjahr 2017 in einem Zeitungsartikel:

Die Lerngeschichte dieses Ortes und ihre bleibende Aufgabe liegen in dem selbstkritischen Blick auf preußische Militärgeschichte und Christentum, dem Verhältnis von Staat und Kirche, dem Einfluss von nationalen Ideologien auf Christen.“[2]

Die geschichtspolitische Arbeit der Stiftung Garnisonkirche Potsdam und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche umfasst sechs Elemente:

  1. Die Stiftung hat ein umfangreiches Online-Angebot entwickelt, das die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Kirche fördern soll.
  2. Die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche gibt die Zeitschrift „Potsdamer Spitze“ heraus, die auch mit der Geschichte der Garnisonkirche beschäftigt.
  3. Die Stiftung hat eine Ausstellung zur Geschichte der Garnisonkirche in der 2011 errichteten Nagelkreuzkapelle eingerichtet.
  4. In der Nagelkreuzkapelle werden auch Veranstaltungen zur Geschichte durchgeführt.
  5. Die Stiftung Garnisonkirche Potsdam hat die Historikerin Anke Silomon mit einer Studie über die Geschichte der Garnisonkirche zwischen 1914 und 1989 beauftragt. Das Ergebnis wurde 2014 als Buch unter dem Titel „Pflugscharen zu Schwerter – Schwerter zu Pflugscharen“ veröffentlicht.[3]
  1. Die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche hat das Buch „Die Garnisonkirche Potsdam, Krone der Stadt und Schauplatz der Geschichte“ von Andreas Kitschke herausgegeben.[4]

Dieses Gutachten hat das Ziel,

  • das Online-Angebot,
  • die Zeitschrift „Potsdamer Spitze“ und
  • die Ausstellung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam
    auszuwerten.

Es soll untersucht werden, in wieweit dieses Angebot den eigenen Ansprüchen an eine Auseinandersetzung mit der Geschichte gerecht wird. Diese Beschränkung hat zwei Gründe: Die Veranstaltungen sind nicht dokumentiert, daher kann nicht geklärt werden, welche Informationen z.B. bei Vorträgen zur Geschichte geliefert wurden. Das Buch von Anke Silomon wiederum wurde zwar von der Stiftung Garnisonkirche in Auftrag gegeben. Der Inhalt allerdings wird von der Autorin allein verantwortet. Nach Aussage der Autorin hätte die Stiftung Garnisonkirche Potsdam keinerlei Einfluss auf den Inhalt des Buches genommen.[5] Gleiches trifft auf das Buch von Andreas Kitschke zu.

 

  1. Die Methode

  • In einem ersten Schritt werden die Aussagen des Angebotes zur Geschichte der Garnisonkirche ausgewertet. Es wird untersucht, welche Fakten und Wertungen vorgebracht werden.
  • In einem zweiten Schritt werden diese Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt hin geprüft. Zu diesem Zweck werden sie mit den Angaben aus der Fachliteratur verglichen. Es wird untersucht, inwieweit die Informationen dieser Angebote durch die Fachliteratur belegt sind und ob Fehler und Falschaussagen vorliegen.
  • In einem dritten Schritt schließlich werden „Fehlstellen und Weiße Flecken“h., ob die Angebote zur Geschichtsvermittlung alle wesentlichen Ereignisse in der Geschichte der Garnisonkirche umfassen oder ob wichtige Ereignisse verschwiegen werden. Auch zu diesem Zweck werden die Angebote mit der Fachliteratur zur Garnisonkirche verglichen.
  • Zum Schluss wird ein Fazit gezogen und es werden Handlungsempfehlungen abgeleitet

 

  1. Die Angebote der Stiftung Garnisonkirche Potsdam / Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche zur Geschichtsvermittlung

Eine zentrale Rolle für die Information über das Projekt spielt das Online-Angebot, die Internetplattform www.garnisonkirche-potsdam.de, die von der Stiftung Garnisonkirche Potsdam und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche betrieben wird. Diese Plattform bietet drei Informationsangebote, die sich mit der Geschichte der Garnisonkirche beschäftigen:

  1. Eine Zeittafel zur Geschichte mit einer chronologischen Darstellung von Ereignissen rund um die Garnisonkirche.
    In dieser Zeittafel wurden insgesamt 23 Ereignisse aus der Zeit zwischen 1730 und 2014 behandelt. Auffällig ist, dass die unterschiedlichen Epochen unterschiedlich stark vertreten sind. Während aus der Zeit zwischen 1730 und 1817 immerhin acht Ereignisse dargestellt werden, werden aus dem langen Zeitraum zwischen 1818 und 1945 nur vier Ereignisse thematisiert. Besprochen werden die Berufung des Organisten Otto Becker am 31. Mai 1910, die Eröffnungsfeier des Reichstages am 21. März 1933, das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 und die Zerstörung der Garnisonkirche am 14. April 1945. Aus der Zeit zwischen 1946 und 1989 werden dann drei Ereignisse behandelt.
  2. Eine Übersicht „71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, Stand 7.4.2016“, die sich auch mit der Geschichte der Garnisonkirche beschäftigt.
    In den „71 Fragen …“ werden Fragen zu 4 Schwerpunktthemen beantwortet. Diese sind:

    • die Regierungszeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. (1713-1740)
    • der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933
    • die NS-Zeit 1933-1945
    • die DDR-Zeit 1945-1989.
  3. eine Online-Plattform Garnisonkirche-Wissen (https://wissen.garnisonkirche.de), die speziell der Geschichte der Garnisonkirche gewidmet ist. Das Online-Portal Garnisonkirche-Wissen behandelt ausschließlich Ereignisse aus der Zeit zwischen 1945 und 1968.
  4. Eine große Bedeutung für die Geschichtsvermittlung hat die jährlich erscheinende Zeitschrift „Potsdamer Spitze“, die von der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche herausgegeben wird. Hier wurden in den letzten Jahren zahlreiche Artikel zur Geschichte der Garnisonkirche veröffentlicht. Schwerpunkte bilden der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, das gescheiterte Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 und der Abriss der Ruine der Garnisonkirche 1968.
  5. Daneben wurde in der Nagelkreuzkapelle eine Ausstellung zur Geschichte der ehemaligen Garnisonkirche eingerichtet.
    Diese umfasst sechs bedruckte Stoffbanner, die jeweils einem Ereignis gewidmet sind. Thematisiert werden:
  • der Bau der Garnisonkirche durch den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. 1730 -1735
  • die Beisetzung von Friedrich II. 1786
  • die preußische Kirchenunion 1817
  • der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933
  • das Infanterieregiment 9 und das gescheiterte Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944
  • die Einweihung der Heilig-Kreuz-Kapelle 1950 und die Sprengung der Kirchenruine 1968

Ergänzende Informationen liefern drei kleinere Tafeln zu folgenden Themen:

  • Pietismus und Preußentum
  • Glockenspiel und Orgel
  • die Evangelische Kirche in der sowjetischen Besatzungszone / DDR 1945 – 1968

Auch hier ist auffällig, dass die einzelnen Epochen sehr unterschiedlich vertreten sind. Vor allem der lange Zeitraum zwischen 1818 und 1933, der immerhin das gesamte Kaiserreich und die Weimarer Republik umfasst, wird völlig ausgeklammert.

 

  1. Der Wahrheitsgehalt der Geschichtsvermittlung


4.1. Das Online-Angebot

Die Qualität der Geschichtsvermittlung ist in den drei Online-Angeboten sehr unterschiedlich. In der Zeittafel werden die dargestellten Ereignisse nur stichwortartig umrissen. Daher bieten sie kaum Ansatzpunkte für eine intensivere Beschäftigung mit der Geschichte.

Etwas ausführlicher ist die Darstellung der Geschichte in den „71 Fragen…“. Hier sind teilweise umfangreiche Beschreibungen und Deutungsversuche zu finden. Bei einer näheren Betrachtung dieses Angebotes fällt allerdings auf, dass viele Darstellungen Fehler und Halbwahrheiten enthalten. Fast alle Aussagen zur Geschichte sind mangelhaft. So heißt es auf Seite 8:

„Die Garnisonkirche Potsdam wurde von 1730 bis 1735 auf Anordnung des Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen für die Angehörigen des Hofes und der Garnison errichtet und auch von der Zivilgemeinde genutzt. Da der König ein Interesse am Wohl seiner Soldaten und ihrer geistlichen Bildung hatte, beauftragte er den Architekten Philipp Gerlach mit dem Bau dieser Kirche. Der Erbauer der Garnisonkirche, der sogenannte Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von Preußen hat selbst nie einen Krieg geführt.“[6]

Eine Untersuchung von Hartmut Rudolph zur Garnisonkirche unter Friedrich Wilhelm I. kommt zu anderen Ergebnissen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Armee zur Zeit Friedrich Wilhelms I. durch „brutale Werbemethoden“ und „rigide Zwangsmethoden“ geprägt war und dass die oft gegen ihren Willen zur Armee eingezogenen Soldaten erhebliche Disziplinprobleme bereiteten. Die Militärseelsorge an der Garnisonkirche hatte in diesem Kontext eine disziplinierende Funktion.[7]

Falsch ist zudem die Behauptung, dass Friedrich Wilhelm I. nie einen Krieg geführt hätte. Preußen erklärte unter Friedrich Wilhelm I. 1715 Schweden den Krieg und eroberte im folgenden Pommernfeldzug das Gebiet um Stettin.[8]

Zur NS-Zeit wird auf Seite 9 behauptet:
„Im Unterschied zu vielen anderen Kirchen in Potsdam und darüber hinaus wurde sie nicht von den Deutschen Christen dominiert.“[9]

Diese Aussage ist bestenfalls eine Halbwahrheit. Im Gemeindekirchenrat der Zivilgemeinde der Garnisonkirche stellten die Deutschen Christen seit 1933 die Mehrheit. 1939 waren zwei Drittel der Mitglieder des Gemeindekirchenrates Angehörige der Deutschen Christen und der NSDAP.[10] Die Pfarrer an der Garnisonkirche gehörten dagegen weder den Deutschen Christen noch der Bekennenden Kirche an. Der Grund dafür lag allerdings nicht in einer Distanz zum NS-Regime, sondern in Anordnungen des Regimes selber. Seit 1934 waren alle Pfarrer, die an der Garnisonkirche tätig waren, Wehrmachtspfarrer. Wehrmachtspfarrer aber durften generell weder den Deutschen Christen noch der Bekennenden Kirche angehören. Der Hintergrund war das Bestreben des NS-Regimes, den Kirchenkampf zwischen der Bekennenden Kirche und den Deutschen Christen aus der Wehrmacht herauszuhalten, weil von diesem eine Schwächung der Wehrmacht befürchtet wurde. Hitler persönlich hatte diese Forderung schon 1934 erhoben, sie wurde anschließend durch mehrere Befehle des Reichskriegsministeriums und des Oberkommandos der Wehrmacht untermauert. Aufgrund dieser Befehle gehörten auch die Pfarrer der Garnisonkirche weder den Deutschen Christen noch der Bekennenden Kirche an.[11]

Gleichzeitig wurde von den Wehrmachtspfarrern eine bedingungslose Loyalität gegenüber dem NS-Regime und Adolf Hitler gefordert. Sie wurden, wie alle Wehrmachtsangehörigen, auf Adolf Hitler vereidigt. Zudem wurden alle Wehrmachtspfarrer einer umfangreichen Überprüfung durch die Gestapo, die Parteikanzlei der NSDAP und das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten unterzogen, die ihre politische Zuverlässigkeit sichern sollte.[12]

Ebenfalls auf Seite 9 wird behauptet:

„Immer wieder weckt die Feststellung Erstaunen, dass die Garnisonkirche in der Nazizeit nicht eine Stütze des Regimes war, sondern die systemtreuen „Deutschen Christen“ gerade an diesem Ort nicht dominierten.“[13]

Auch diese Aussage ist nicht durch die historischen Fakten gedeckt. Die Garnisonkirche war während der NS-Zeit durchaus eine Stütze des Regimes. Die Garnisonkirche war „die erste Soldatenkirche der Wehrmacht“. Sie spielte eine zentrale Rolle bei der nationalsozialistischen Wehrmachtseelsorge und damit bei der geistigen Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges.[14] An der Garnisonkirche wirkte von 1935 bis 1937 Werner Schütz, der zu den führenden Theoretikern der nationalsozialistischen Wehrmachtsseelsorge zählte. In seinem 1937 erschienenen Buch „Soldatentum und Christentum“ propagierte er den „totalen Krieg“, dem auch die Wehrmachtseelsorge dienstbar gemacht werden sollte.[15] Auch die anderen Pfarrer der Garnisonkirche standen dem Regime durchweg loyal gegenüber, Curt Koblanck bezeichnete sich sogar als „nationalsozialistischen Pfarrer“.[16]

Daneben fanden in der Garnisonkirche zahlreiche Propagandaveranstaltungen der NSDAP und ihrer Gliederungen statt. Für die Zeit zwischen 1933 und 1945 sind über 100 politische Veranstaltungen in der Garnisonkirche nachgewiesen.[17] Beispiele sind:

  • 8.1933 Fahnenweihe der NSDAP[18]
  • 1.1934 Fahnenweihe der Hitlerjugend[19]
  • 1.1935 Fahnenweihe der Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung[20]
  • Feier „Ewiges Deutschland“ der NSDAP[21]
  • 12.1944 Feier „Leuthen – Sieg des Glaubens“[22]

Weiterhin wird in den „71 Fragen…“ behauptet:

„Das Geburtshaus von Henning von Tresckow stand direkt neben der Kirche.“[23]

Diese Behauptung ist falsch, denn Henning von Tresckow wurde am 10. Januar 1901 in Magdeburg geboren, und sein Geburtshaus befand sich deshalb in Magdeburg.[24]

Auch die nächste Behauptung ist falsch:

„Eindrucksvoll ist die Rede Henning von Tresckows anlässlich der Konfirmation seines Sohnes, die er in der Garnisonkirche hielt.“[25]

Henning von Tresckow hielt am 11. April 1943 eine Rede anlässlich der Konfirmation seiner Söhne Mark und Rüdiger. Diese Rede wurde allerdings nicht in der Garnisonkirche, sondern im Regimentshaus gehalten.[26]

Schließlich wird in den „71 Fragen…“ formuliert:

„Die Garnisonkirche war das Gotteshaus für das Infanterieregiment Nr. 9. Über 20 Mitglieder des IR 9 und Gemeindemitglieder, die ihre geistliche Heimat in der Kirche hatten, schlossen sich dem Widerstand gegen Hitler an, der am 20. Juli 1944 in den gescheiterten Attentatsversuch auf Hitler mündete. 16 von ihnen wurden nach dem 20. Juli 1944 hingerichtet.“[27]

Zur Rolle Potsdams bei der Verschwörung des 20. Juli 1944 liegt eine Studie von Ines Reich vor, in der die Verschwörer, ihre Motivlage und ihre Treffpunkte ausführlich untersucht werden. Aus dieser Untersuchung ergibt sich, dass die Garnisonkirche keine herausragende Bedeutung für den Staatsstreich am 20. Juli 1944 hatte. Weder diente sie als Treffpunkt der Verschwörer noch waren Geistliche der Garnisonkirche am Staatsstreich beteiligt. Auch gibt es keine Hinweise, dass an der Garnisonkirche eine regimekritische Haltung gefördert worden wäre.[28]

Richtig ist lediglich, dass einige Verschwörer Mitglieder der Militärgemeinde der Garnisonkirche waren. In den „71 Fragen“ wird behauptet, dass über 20 Mitglieder der Militärgemeinde an der Verschwörung beteiligt gewesen waren. Allerdings werden keine Namen genannt, so dass diese Behauptung kaum überprüft werden kann. Eine detailliertere Auflistung von Verschwörern, die angeblich Mitglieder der Militärgemeinde waren, findet sich dagegen im Buch von Andreas Kitschke, das von der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche herausgegeben wurde. Hier werden folgende Namen genannt: Hasso von Boehmer, Axel Freiherr von dem Bussche-Streithorst, Wilhelm Dieckmann, Hans Karl Fritzsche, Helmut von Gottberg, Ludwig Freiherr von Hammerstein-Equord, Carl-Hans Graf von Hardenberg-Neuhardenberg, Paul von Hase, Ulrich von Hassell, Friedrich Karl Klausing, Ewald Heinrich von Kleist-Schmenzin, Fritz von der Lancken, Hans Otfried von Linstow, Ferdinand von Lüninck, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, Herbert Meyer, Helmuth James Graf von Moltke, Georg-Sigismund von Oppen, Kurt Freiherr von Plettenberg, Hermann Priebe, Friedrich von Rabenau, Alexis Freiherr von Roenne, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg, Ulrich-Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld, Carl-Heinrich von Stülpnagel, Gerd von Tresckow, Henning von Tresckow, Adam von Trott zu Solz, Hans-Alexander von Voss, Joachim Freiherr von Willisen.[29]

Eine genauere Analyse dieser Liste zeigt allerdings, dass die Aufzählung fragwürdig ist. Zwar waren einige Verschwörer, wie Fritz-Dietlof Graf von Schulenburg, Hans-Karl Fritzsche oder Helmuth von Gottberg, tatsächlich 1944 Mitglieder der Militärgemeinde. Andere dagegen waren lange vor 1933 Mitglieder der Militärgemeinde gewesen, ein Zusammenhang zwischen der Garnisonkirche und dem Staatsstreich ist deshalb sehr unwahrscheinlich. Paul von Hase diente von 1921 bis 1922 in Potsdam, Hans Otfried von Linstow war von 1921 bis 1925 in Potsdam stationiert. Einige Personen aus der Liste, wie Ulrich von Hassell und Ulrich-Wilhelm Schwerin von Schwanenfeld, lebten und arbeiteten in Berlin. Erst nach Bombenangriffen auf ihre Berliner Wohnungen fanden sie Obdach bei Freunden in Potsdam. Für einen Bezug zur Garnisonkirche gibt es bei ihnen keinerlei Hinweise. Albrecht Mertz von Quirnheim und Helmuth James Graf von Moltke wiederum gingen in den zwanziger Jahren in Potsdam zur Schule, auch bei ihnen gibt es keine Hinweise auf einen Bezug zur Garnisonkirche. Adam von Trott zu Solz wurde zwar 1909 in Potsdam geboren. Doch schon kurz nach seiner Geburt zogen seine Eltern mit ihm nach Berlin. Es wird also deutlich, dass bei vielen der aufgezählten Personen überhaupt kein Bezug zur Garnisonkirche bestand.[30]

Insgesamt kann resümiert werden, dass die „71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, Stand 7.4.2016“ zahlreiche Fehler enthalten. Sie sind über weite Strecken eine Mischung aus Falschdarstellungen und Halbwahrheiten.

4.2. Die Zeitschrift „Potsdamer Spitze“

 

Die Zeitschrift „Potsdamer Spitze“ bietet das umfangreichste Angebot zur Geschichtsvermittlung.

Ein Thema ist der Erbauer der Garnisonkirche, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.. Dieser wird durchweg positiv beurteilt und als ein friedliebender Monarch charakterisiert.[31] Die negativen Seiten der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. werden auch hier nicht erwähnt.

Wenig thematisiert wird das Kaiserreich. Hierzu wird lediglich festgestellt, dass es im Deutschen Kaiserreich Segnungen von Waffen und „Predigten, die den Gegner diffamierten“ gegeben hätte. An der Potsdamer Garnisonkirche allerdings hätte es solche Fehlentwicklungen nicht gegeben. Wörtlich heißt es:

„An oder in der Garnisonkirche ist derartiges jedoch nie vorgekommen, soweit wir wissen.“[32]

Die Einschränkung ist löblich, die Behauptung ist falsch. Mehrere Quellen belegen, dass an der Garnisonkirche sehr wohl diffamierende Predigten gehalten wurden, in denen gegen andere Völker, aber auch gegen innenpolitische Gegner wie die Sozialdemokratie, gehetzt wurde.[33]

Kaum Beachtung findet die Rolle der Garnisonkirche während der Weimarer Republik. Lediglich in einem Interview mit Anke Silomon wird bezüglich der Nutzung als Wallfahrtsstätte für rechtsextreme Organisationen erklärt:

„Aus dem historischen Kontext heraus gesehen ist das, angesichts dieses plötzlichen Umbruchs, nicht unverständlich. Nicht nur die Monarchisten und Nationalisten fühlten sich gedemütigt durch die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Bestimmungen des Versailler Vertrages.“[34]

Hier wird der Eindruck vermittelt, dass die Nutzung der Garnisonkirche für rechtsextreme Propagandaveranstaltungen dem damaligen Zeitgeist entsprochen hätte. Völlig unterschlagen werden dagegen die Proteste demokratischer Kräfte gegen die rechtsextremen Veranstaltungen an der Garnisonkirche.[35]

Deutlich intensiver wird der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 behandelt. Hier dominiert die Vorstellung, dass die Garnisonkirche durch die Nationalsozialisten missbraucht worden wäre. In einem Artikel ist von der „Vereinnahmung der Konservativen durch die Nationalsozialisten“ die Rede.[36] In einem anderen Artikel heißt es: „(…) die Nationalsozialisten missbrauchten die Kirche für die Vereinnahmung preußischer Geschichte am sog. Tag von Potsdam“[37]

Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Garnisonkirche und ihre Gemeinden nur passive Opfer nationalsozialistischer Propaganda und Verbrechen geworden wären.

Wichtige Fakten bleiben dagegen unerwähnt. So wird verschwiegen, dass der „Tag von Potsdam“ von Anfang an auf große Zustimmung seitens der Gemeinden der Garnisonkirche gestoßen ist. Am 6. März 1933 hat der Gemeindekirchenrat der Zivilgemeinde der Garnisonkirche den Staatsakt „auf das wärmste“ begrüßt.[38] Auch der „Tag von Potsdam“ selbst wurde von dem Pfarrer der Garnisonkirche Curt Koblanck und den Gemeinden euphorisch bejubelt. Koblanck feierte den Tag als „Opfergang“ „der geeinten deutschen Volksgemeinschaft“, der Gemeindeälteste Alfred Rittner bezeichnete den Tag als „Weihe einer anbrechenden großen Zeit“, und beiden Gemeinden bedankten sich noch ein Jahr nach dem „Tag von Potsdam“ bei Hitler und Hindenburg für das Ereignis.[39]

Die Zeit des „Dritten Reiches“ wird relativ wenig thematisiert. In einem Artikel von 2015 wird behauptet, dass die Gemeinden der Garnisonkirche in Distanz zum NS-Regime gestanden hätten. Diese hätten immer wieder Versuche abgewehrt, „die Kirche für politische Nutzungen durch die Nationalsozialisten zu vereinnahmen.“ Ergänzend wird erklärt: „1934 verhinderte der Küster die Aufstellung der Blutfahne der Hitlerjugend.“[40]

Auch diese Behauptungen sind sehr fragwürdig. Wie schon erwähnt, waren 1939 zwei Drittel der Mitglieder des Gemeindekirchenrates Mitglieder der NSDAP, und auch die Pfarrer standen dem NS-Regime durchweg positiv gegenüber.

Einen Schwerpunkt der Artikel stellt der misslungene Staatsstreich am 20. Juli 1944 dar. Hierzu wird behauptet, dass der militärische Widerstand gegen das NS-Regime von der Garnisonkirche ausgegangen wäre und dass diese ein „Symbol im Widerstand gegen Hitler“ gewesen wäre.[41] In einem Artikel von 2010 wird erklärt, dass die Garnisonkirche „viele Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 in ihrer Haltung und Willenskraft“ ermutigt hätte.[42]

Diese Behauptung ist angesichts der schon erwähnten sehr losen Verbindung zwischen der Garnisonkirche und den Staatsstreichplänen vom 20. Juli 1944 nicht haltbar.

Häufig wird auch die DDR-Zeit und der Abriss der Ruine der Garnisonkirche 1968 thematisiert. Hierbei fällt vor allem auf, dass wichtige Fakten unerwähnt bleiben. Nicht erwähnt wird zum Beispiel, dass sich die Heilig-Kreuz-Gemeinde (die Nachfolgerin der Zivilgemeinde der Garnisonkirche) nach dem Abriss der Kirchenruine 1968 ein neues Gemeindezentrum, das „Heilig-Kreuz-Haus“, errichtete. Nicht erwähnt wird auch, dass in diesem „Heilig-Kreuz-Haus“ zahlreiche Diskussionen, Lesungen, Filmvorführungen und Konzerte stattfanden, die den Themen Frieden und Demokratie verpflichtet waren. Ebenso bleibt unerwähnt, dass diese Veranstaltungen einen wichtigen Beitrag zur friedlichen Revolution von 1989/1990 leisteten.[43]

 

4.3. Die Ausstellung

Die Ausstellung beschränkt sich auf Fotos und Bilder, die nur mit sehr knappen Kommentaren versehen sind. Daher bietet auch sie kaum Ansatzpunkte für eine intensivere Beschäftigung mit der Geschichte.

 

  1. Fehlstellen und „Weiße Flecken“

Ein weiteres Problem der Geschichtsdarstellung auf der Homepage, in der „Potsdamer Spitze“ und in der Ausstellung ist, dass in ihr große Lücken vorhanden sind. Kaum thematisiert wird die Bedeutung der Garnisonkirche im Rahmen der Reichseinigungskriege und im Deutschen Kaiserreich. Aus der gesamten Epoche des Deutschen Kaiserreiches wird nur ein einziges konkretes Ereignis erwähnt: die Berufung des Organisten Otto Becker am 31. Mai 1910. Wichtige Ereignisse, die im nationalen, teilweise auch internationalen Maßstab von Bedeutung waren, werden ausgeblendet. Einige Beispiele sollen dies illustrieren:

  • 12.1864    Dankgottesdienst anlässlich des Sieges über Dänemark[44]
  • 11.1866    Siegesfest anlässlich des Sieges über Österreich[45]
  • 06.1871  Siegesfest anlässlich des Sieges über Frankreich[46]
  • 07.1900    Gottesdienst für die nach China ausrückenden ostasiatischen Regimenter[47]
  • 08.1914    Abschiedsgottesdienst für die Potsdamer Regimenter, die in den Ersten Weltkrieg zogen, verbunden mit der Segnung der Regimenter.[48]

Fast vollständig ausgeblendet wird die Geschichte der Garnisonkirche während der Weimarer Republik. Obwohl sie während dieser Zeit eine wichtige Kundgebungsstätte für antidemokratische Organisationen war, wird diese Zeit kaum erwähnt. Ausgespart werden Ereignisse wie:

  • 11.1919    Heldengedächtnisfeier der Deutschnationalen Volkspartei mit Erich Ludendorff[49]
  • 01.1921    Gedenkfeier zum 50. Jahrestag der Reichsgründung[50]
  • 03.1923    Fahnenweihe des Deutsch-völkischen Jugendbundes „Graf York von Wartenburg“[51]
  • 06.1926    Skagerakfeier zum 10. Jahrestag der Schlacht vom Skagerak[52]
  • 05.1927    Andacht zum Reichsfrontsoldatentag des „Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten“[53]
  • 06.1929    Festgottesdienst zum Landesverbandstag des „Bundes Königin Luise“[54]
  • 09.1932    Festgottesdienst zum Reichsfrontsoldatentag des „Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten“[55]
  • 09.1932    Festgottesdienst zum Landesverbandstag des „Bundes Königin Luise“[56]

 

Schließlich wird auch die politische Nutzung der Garnisonkirche während der NS-Zeit weitgehend ausgeblendet. Lediglich in der Ausstellung werden ein Foto der Fahnenweihe der Hitlerjugend am 24. Januar 1939 und ein Foto des Besuches von Miklos Horthy am 26. August 1938 gezeigt. Andere Veranstaltungen werden überhaupt nicht erwähnt.

  1. Fazit

 

Das Angebot zur Geschichtsvermittlung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam enthält eine Mischung aus Fehlinformationen, Halbwahrheiten und „blinden Flecken“. Konkret lassen sich folgende Tendenzen belegen:

Erstens:

Die Herrschaft des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I. wird in unkritischer und idealisierter Weise dargestellt. Negative Aspekte seiner Herrschaft, wie die starke Militarisierung der Gesellschaft und die brutale Züchtigung seiner Soldaten werden ausgeblendet.

Zweitens:

Die Nutzung der Garnisonkirche als Ruhmeshalle der preußischen und deutschen Armee während der Zeit des Deutschen Kaiserreiches wird kaum thematisiert. Diffamierende Predigten werden geleugnet.

Drittens:

Die Rolle der Garnisonkirche während der Weimarer Republik wird ebenfalls kaum diskutiert. Die Funktion der Kirche als Kundgebungsstätte für rechtsextreme Organisationen wird relativiert und als zeittypische Nutzung gewertet.

Viertens:

Die aktive Rolle der Gemeinden der Garnisonkirche am „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 wird negiert. Stattdessen erscheinen die Gemeinden und die Pfarrer als Opfer der NSDAP, die die Kirche missbraucht hätte. Die aktive Mittäterschaft der deutschnationalen Kräfte bei der Zerschlagung der Weimarer Republik wird unterschlagen.

Fünftens:

Die Verstrickung der Garnisonkirche in das NS-Regime wird komplett geleugnet. Trotz ihrer Bedeutung für die nationalsozialistische Wehrmachtsseelsorge und nationalsozialistische Propagandaveranstaltungen wird behauptet, dass die Garnisonkirche keine Stütze des Regimes gewesen wäre.

Sechstens:

Die Darstellung der Bedeutung der Garnisonkirche für den 20. Juli 1944 ist von Fehlern durchsetzt, die eine enge Verbindung zwischen der Garnisonkirche und dem Staatsstreich am 20. Juli 1944 suggerieren sollen.

Siebtens:

Schließlich werden auch die Aktivitäten der Heilig-Kreuz-Gemeinde nach 1950 und dann nach 1968, die den Werten Frieden und Demokratie verpflichtet waren und die einen Bruch mit den Traditionen der Garnisonkirche markierten, ausgespart.

 

Von einem verantwortungsbewussten Umgang mit Geschichte, der auch problematische Kapitel einbezieht, ist das Angebot zur Geschichtsvermittlung von Förderverein und Stiftung Garnisonkirche weit entfernt. Vermittelt wird vielmehr ein stark geschöntes Bild der Geschichte der ehemaligen Garnisonkirche, das gerade nicht zur Diskussion über „preußische Militärgeschichte und Christentum, das Verhältnis von Staat und Kirche, den Einfluss von nationalen Ideologien auf Christen“ herausfordert.[57] Zudem weist das Angebot zur Geschichtsvermittlung zahlreiche Leerstellen auf. Diese Leerstellen sind besonders gefährlich, weil ein Vakuum entsteht, das leicht durch demokratiefeindliche Kräfte gefüllt werden kann.

 

Man kann diese Abweichungen von einer wissenschaftlichen Wahrnehmung der Geschichte und von einer Demokratie-sensiblen Gewichtung und Beurteilung der historischen Vorgänge zu einem systematischen Fehler zusammenfassen: Es wird ausgeblendet und glatt gezogen, was die Plausibilität der vorgefassten Entscheidung für eine historisierende Rekonstruktion des Gebäudes infrage stellen könnte. Dafür wird in Kauf genommen, die Bedeutung des Ortes für die deutsche Geschichte und für die Evangelische Kirche in Deutschland zu verfehlen. Wer aber hier die Geschichte verfehlt, läuft Gefahr, auch die Gegenwart nicht angemessen zu erfassen, und dass ihm die angestrebte „Versöhnung“ zur Selbst-Entschuldung wird.

 

  1. Handlungsempfehlungen

 

Die hier festgestellten eklatanten Mängel in den inhaltlichen und historischen Aussagen von Förderverein und Stiftung Garnisonkirche Potsdam verstärken die in unserem ersten Gutachten konstatierten Schwächen der Konzeption für die künftige Erinnerungsarbeit am Ort der ehemaligen Garnisonkirche Potsdam. [58]

Wir empfehlen deshalb einen Neustart der inhaltlich-konzeptionellen Arbeit in einer erweiterten Trägerschaft von wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Kräften, insb. von Opferverbänden.

Bis diese Arbeit Früchte trägt, empfehlen wir, die Bauarbeiten nicht aufzunehmen.

Potentiellen Spendern empfehlen wir, sich zurückzuhalten, bis eine tragfähige Grundlage für die inhaltliche, konzeptionelle und daraus bauliche Gestaltung des Geschichtsortes ehemalige Garnisonkirche Potsdam erarbeitet ist.

 

Anhang

 

Verschwörer des 20. Juli 1944 und ihr Verhältnis zur Garnisonkirche[59]

 

Personen, die während der Vorbereitung des Staatsstreiches in Potsdam stationiert waren:

  • Hans-Karl Fritzsche, 1936 bis 1939 Dienst im Infanterieregiment 9 in Potsdam, 1943-1944 Dienst im Grenadier-Ersatzbataillon 9[60]
  • Helmuth von Gottberg, Dienst im Infanterie-Ersatzbataillon 9[61]
  • Ewald Heinrich von Kleist-Schmenzin, ab Dezember 1943 Dienst im Infanterie Ersatzbataillon 9[62]
  • Georg Sigismund von Oppen, ab Anfang 1944 Dienst im Infanterie-Ersatzbataillon 9[63]
  • Hermann Priebe, ab Sommer 1944 Dienst im Infanterie-Ersatzbataillon 9[64]
  • Fritz Dietlof von Schulenburg, 1938 Reservistenlehrgang Infanterieregiment 9[65], ab 1944 Dienst im Infanterie-Ersatzbataillon 9[66]

 

Personen, die im Laufe ihres Lebens Militärdienst in Potsdam geleistet haben und Mitglieder der Militärgemeinde waren, die aber im Juli 1944 nicht in Potsdam waren:

  • Hasso von Boehmer, 1924-1934 Dienst im 9. Infanterieregiment[67]
  • Axel von dem Busssche-Streithorst, 1937-November 1938 Dienst im Infanterieregiment 9[68]
  • Ludwig von Hammerstein-Equord, Anfang 1941-April 1941: Besuch eines Lehrganges an der Kriegsschule in Potsdam[69]
  • Carl-Hans von Hardenberg, 1910-1914 Dienst im Ersten Garde-Regiment zu Fuß, 1939-1940 Kommandeur des Infanterie-Ersatzbataillons 9[70]
  • Paul von Hase, 1921-1922 Dienst im 9. Infanterieregiment[71]
  • Friedrich Karl Klausing, 1938-1939 Dienst im Infanterieregiment 9[72]
  • Hans Otfried von Linstow, 1921-1925 Dienst im 9. Infanterieregiment[73]
  • Ferdinand von Lüninck, 1940-Anfang 1943 Dienst beim Infanterie-Ersatzbataillon 178 und Infanterie-Ersatzbataillon 9[74]
  • Friedrich von Rabenau, 1937-1942 Leitung des Heeresarchivs in Potsdam. Von Rabenau war zwar ein Gegner des NS-Regimes, er war aber nicht in die Staatsstreichpläne eingeweiht.[75]
  • Alexis Freiherr von Roenne, 1928-1933 Dienst im 9. Infanterieregiment[76]
  • Gerd von Tresckow, 1938 Dienst im 9. Infanterieregiment[77]
  • Henning von Tresckow, 1917-1918 Ausbildung im Ersten Garde-Regiment zu Fuß, 1918-1920 Militärdienst in Potsdam[78], 1.2.1926-1.10.1934 Dienst im 9. Infanterieregiment[79]
  • Hans-Alexander von Voss, 1926-1930 Dienst im 9. Infanterieregiment[80]

 

Personen, deren Mitgliedschaft in der Militärgemeinde unklar ist:

  • Wilhelm Dieckmann, wohnte in Potsdam und arbeitete im Reichsarchiv, ab 1935 Reservist beim Infanterieregiment 9, gleichzeitig weiterhin Arbeit im Reichsarchiv[81]

Personen, die zwar 1944 in Potsdam wohnten, bei denen aber kein Bezug zur Garnisonkirche nachweisbar ist:

  • Fritz von der Lancken, wohnte in Potsdam, arbeitete beim Oberkommando des Heeres in Berlin[82]
  • Ulrich-Wilhelm von Schwerin von Schwanenfeld, Arbeit bei der Passierscheinhauptstelle des Oberkommandos des Heeres in Berlin, ab 24.11.1943: wohnhaft seit der Zerstörung seiner Berliner Wohnung in Potsdam, Leiblstraße[83]
  • Ulrich von Hassell, ab Ende 1943: wohnhaft in Potsdam[84]

 

Personen, die im Laufe ihres Lebens in Potsdam wohnten, bei denen es aber keine Hinweise auf eine Verbindung zur Garnisonkirche gibt:

  • Helmuth James Graf von Moltke, 1923-1925 Besuch des Realgymnasiums in Potsdam[85]
  • Albrecht Mertz von Quirnheim, 1919-1923 Besuch des Victoriagymnasiums in Potsdam[86]
  • Adam von Trott zu Solz, 1909 Geburt in Potsdam, kurz nach der Geburt: Umzug nach Berlin[87]

 

Personen, die zwar 1944 in Potsdam stationiert waren, deren Beteiligung am Staatsstreich aber umstritten ist:

  • Herbert Meyer, 1943-1944 Kommandeur des Infanterie-Ersatzbataillons 9. Laut Ulrich Heinemann ahnte Meyer vielleicht etwas von den Staatsstreichplänen, er billigte sie aber nicht.[88] Laut der Studie von Ines Reich dagegen unterstützte Meyer den Staatsstreich.[89]

 

Personen, die während des Krieges im Infanterieregiment 9 oder Nachfolgeregimentern eingesetzt waren, die aber nicht in Potsdam aktiv waren:

  • Kurt von Plettenberg, ab 1940 Einsatz im Infanterieregiment 9 an der Front[90]
  • Joachim von Willisen, Einsatz im Infanterieregiment 9 und Infanterieregiment 178 an der Front[91]

 

Personen, die am Staatsstreich beteiligt waren, bei denen es aber keine Hinweise auf eine Stationierung in Potsdam oder eine Mitgliedschaft in der Militärgemeinde der Garnisonkirche gibt:

  • Carl-Heinrich von Stülpnagel, amtierte seit 1942 als Militärbefehlshaber für Frankreich[92]

 

Literaturverzeichnis

 

Günter Brakelmann: Helmuth James Graf von Moltke, Zeitgenosse für ein anderes Deutschland, Berlin 2009

Gemeindekirchenrat der Garnisonkirche: Die Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam, Potsdam 1932, Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.): Beiträge, Reden und Predigten aus der Kontroverse um den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam, Frankfurt/Main, 2016

Klaus Gerbet: Carl-Hans Graf von Hardenberg, 1891 – 1958, Ein preußischer Konservativer in Deutschland, Berlin 1993

Sigrid Grabner, Hendrik Röder (Hg.): Henning von Tresckow, Ich bin der ich war, Texte und Dokumente, Berlin 2005

Matthias Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland, Die Potsdamer Garnisonkirche im 20. Jahrhundert, Berlin 2017

Ulrich Heinemann: Ein konservativer Rebell, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und der 20. Juli, Berlin 1994

Johannes Keßler: „Mit Gott für König und Vaterland“; Berlin 1894

Andreas Kitschke: Die Garnisonkirche Potsdam, Krone der Stadt und Schauplatz der Geschichte, Berlin 2016

Klemens von Klemperer, Enrico Syring, Rainer Zitelmann (Hg.): „Für Deutschland“, Die Männer des 20. Juli, Frankfurt/Main, Berlin, 1994

Bernhard R. Kroener (Hg.): Staat, Armee, Residenz in der preußisch-deutschen Militärgeschichte, Frankfurt/Main, Berlin, 1993

Henry O. Malone: Adam von Trott zu Solz, Werdegang eines Verschwörers 1909-1938, Berlin 1994

Martin Meier: Vorpommern nördlich der Peene unter dänischer Verwaltung 1715 bis 1721, Aufbau einer Verwaltung und Herrschaftssicherung in einem eroberten Gebiet, München 2008

Ines Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, Auf den Spuren des Widerstands gegen den Nationalsozialismus, Freiburg, 1994

Bernhard Rogge: Die Königliche Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam, ein Denkmal vaterländischer Geschichte, Potsdam 1884

Bodo Scheurig: Henning von Tresckow, Ein Preuße gegen Hitler, Berlin 2004

Gregor Schöllgen: Ulrich von Hassell, 1881 – 1944, Ein Konservativer in der Opposition, München 2004

Werner Schütz: Soldatentum und Christentum, Bonn 1937

Detlef Graf von Schwerin: Die Jungen des 20. Juli 1944, Berlin 1991

Anke Silomon: Pflugscharen zu Schwertern, Schwerter zu Pflugscharen, Die Garnisonkirche im 20. Jahrhundert, Berlin 2014

Sigrid Wegner-Korfes: Realpolitische Haltung bei Offizieren der Familien Mertz von Quirnheim, Korfes und Dieckmann, in: Militärgeschichte, Heft 3/1986

 

Anmerkungen

[1] Vorlage der Kirchenleitung betreffend Darlehen der Landeskirche an die Stiftung Garnisonkirche zur Schließung der Finanzierungslücke zur Wiedererrichtung des Turms der Garnisonkirche Potsdam, für die Landessynode der EKBO, 8. und 9. April 2016, S. 2

[2] Irmgard Schwaetzer: Heilen mit Steinen, in: Die Zeit, Nr. 20/2017

[3]Anke Silomon: Pflugscharen zu Schwertern, Schwerter zu Pflugscharen, Die Garnisonkirche im 20. Jahrhundert, Berlin 2014

[4] Andreas Kitschke: Die Garnisonkirche Potsdam, Krone der Stadt und Schauplatz der Geschichte, Berlin 2016

[5]Die Kirche als Ganzes sehen, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, 1.10.2014

[6]71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, S. 8

[7] Hartmut Rudolph: Die Potsdamer Hof- und Garnisongemeinde, in: Bernhard R. Kroener (Hg.): Staat, Armee, Residenz in der preußisch-deutschen Militärgeschichte, Frankfurt/Main, Berlin, 1993, S. 208-210

[8] Martin Meier: Vorpommern nördlich der Peene unter dänischer Verwaltung 1715 bis 1721, Aufbau einer Verwaltung und Herrschaftssicherung in einem eroberten Gebiet, München 2008, S. 23

[9] 71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, S. 9

[10] Matthias Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland, Die Potsdamer Garnisonkirche im 20. Jahrhundert, Berlin 2017, S. 230 f.

[11] ebenda, S. 190 f.

[12] ebenda, S. 192

[13] 71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, S. 9

[14] Grünzig, Für Deutschtum und Vaterland, S. 186

[15] Werner Schütz: Soldatentum und Christentum, Bonn 1937

[16] Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland, S. 200-215

[17] ebenda, S. 252-264

[18] ebenda, S. 252

[19] ebenda, S. 254

[20] ebenda, S. 255

[21] ebenda, S. 264

[22] ebenda, S. 264

[23] 71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, S. 9

[24] Bodo Scheurig: Henning von Tresckow, Ein Preuße gegen Hitler, Berlin 2004, S. 12

[25] 71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, S. 9 f.

[26] Sigrid Grabner, Hendrik Röder (Hg.): Henning von Tresckow, Ich bin der ich war, Texte und Dokumente, Berlin 2005, S. 49

[27] 71 Fragen und 71 Antworten zum Wiederaufbauprojekt Garnisonkirche Potsdam, S. 10

[28] Ines Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, Auf den Spuren des Widerstands gegen den Nationalsozialismus, Freiburg, 1994

[29]Kitschke: Die Garnisonkirche Potsdam, S. 303-307

[30]Siehe Liste im Anhang S. 14

[31] Burkhart Franck: Friedrich Wilhelm I., in: Potsdamer Spitze, 2014, S. 19

[32] Uwe Ulrich: Gedanken zum „kontaminierten“ Ort, in: Potsdamer Spitze, 2015, S. 14

[33]Rudolph: Die Potsdamer Hof- und Garnisongemeinde, S. 215; Reiner Zilkenat: „Ihr seid die Pioniere des gekreuzigten Heilands!“ Die Potsdamer Garnisonkirche und ihre Prediger im Kaiserreich und im Ersten Weltkrieg, in: Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.): Beiträge, Reden und Predigten aus der Kontroverse um den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam, Frankfurt/Main, 2016, S. 55; Johannes Keßler: „Mit Gott für König und Vaterland“; Berlin 1894, S. 9-16

[34] Jan Kixmüller: Die Kirche als Ganzes sehen, in: Potsdamer Spitze, 2015, S. 15

[35] Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland, S. 112-123

[36] Gabriele Förder-Hoff: Mehr als ein Ort der Erinnerung, in: Potsdamer Spitze, 2008, S. 6

[37] Peter Leinemann: Ein Bauprojekt mit nationaler Bedeutung und europäischer Ausstrahlung, in: Potsdamer Spitze, 2013, S. 6

[38] Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland, S. 146-156

[39] ebenda, S. 176 f.

[40] Jan Kixmüller: Die Kirche als Ganzes sehen, in: Potsdamer Spitze, 2015, S. 16

[41] Gabriele Förder-Hoff: Mehr als ein Ort der Erinnerung, in: Potsdamer Spitze, 2008, S. 6

[42] Johann-Peter Bauer: Ein Ort des Nachdenkens über unseren Glauben und unsere Geschichte, in: Potsdamer Spitze, S. 2

[43] Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland, S. 345-350

[44] Bernhard Rogge: Die Königliche Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam, ein Denkmal vaterländischer Geschichte, Potsdam 1884, S. 53

[45] ebenda, S. 54

[46] ebenda, S. 58

[47] Johannes Keßler: „Furchtlos und treu!“ Geleitsworte an die nach China ausrückenden ostasiatischen Regimenter, Berlin 1900

[48] Gemeindekirchenrat der Garnisonkirche: Die Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam, Potsdam 1932, S. 83

[49] Grünzig, Für Deutschtum und Vaterland, S. 129

[50] ebenda, S. 129

[51] ebenda, S. 131

[52] ebenda, S. 132

[53] ebenda, S. 133

[54] ebenda, S. 135

[55] ebenda, S. 139

[56] ebenda, S. 140

[57] Irmgard Schwaetzer: Heilen mit Steinen, in: Die Zeit, Nr. 20/2017

[58] Projektgruppe, Geschichte erinnern? – Das Nutzungskonzept der Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Gutachten

[59] Namen nach: Andreas Kitschke: Die Garnisonkirche Potsdam, Krone der Stadt und Schauplatz der Geschichte, Berlin 2016, S. 303-307

[60] Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 72

[61] Ebenda, S. 35

[62] Ebenda, S. 79

[63] Ebenda. S. 85

[64] Ebenda. S. 35

[65] Ulrich Heinemann: Ein konservativer Rebell, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und der 20. Juli, Berlin 1994, S. 69

[66] Ebenda, S.160-163

[67] Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 65

[68] Ebenda. S. 68

[69] Ebenda. S. 73

[70] Ebenda. S. 76

[71] Ebenda. S. 78

[72] Klaus Gerbet: Carl-Hans Graf von Hardenberg, 1891 – 1958, Ein preußischer Konservativer in Deutschland, Berlin 1993, Supplement, S. 31

[73] Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 38

[74] ebenda, S. 82

[75] Ebenda, S. 87 f.

[76] Ebenda, S. 38

[77] Ebenda, S. 38

[78] Bodo Scheurig: Henning von Tresckow, Ein Preuße gegen Hitler, Berlin 2004, S. 17-22

[79] Ebenda, S. 31-57

[80] Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 95

[81]Sigrid Wegner-Korfes: Realpolitische Haltung bei Offizieren der Familien Mertz von Quirnheim, Korfes und Dieckmann, in: Militärgeschichte, Heft 3/1986, S. 228

[82] Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 19 f.

[83] Detlef Graf von Schwerin: Die Jungen des 20. Juli 1944, Berlin 1991, S. 191 f.

[84] Gregor Schöllgen: Ulrich von Hassell, 1881 – 1944, Ein Konservativer in der Opposition, München 2004, S. 170; Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 51

[85]Günter Brakelmann: Helmuth James Graf von Moltke, Zeitgenosse für ein anderes Deutschland, Berlin 2009, S. 46

[86]Sigrid Wegner-Korfes: Realpolitische Haltung bei Offizieren der Familien Mertz von Quirnheim, Korfes und Dieckmann, S. 228

[87] Henry O. Malone: Adam von Trott zu Solz, Werdegang eines Verschwörers 1909-1938, Berlin 1994, S. 13-15

[88] Ulrich Heinemann: Ein konservativer Rebell, S. 163

[89] Reich: Potsdam und der 20. Juli 1944, S. 35

[90] Ebenda, S. 38

[91] Ebenda, S. 38

[92] Klaus-Jürgen Müller: Carl-Heinrich von Stülpnagel – Die „Zentralfigur“ in Paris, in: Klemens von Klemperer, Enrico Syring, Rainer Zitelmann (Hg.): „Für Deutschland“, Die Männer des 20. Juli, Frankfurt/Main, Berlin, 1994, S. 261-286

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