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Biografische Brüche – Niemöller und Barth: Vortrag am 4. Juni 2024

Referentin Josephine Kaiser (Foto: privat)
Referentin Josephine Kaiser (Foto: privat)

Wie wandelte sich Martin Niemöller von einem glühenden Nationalisten, der zunächst die NS-Regierung begrüßte, zum Kirchenkämpfer und später zum Friedensaktivisten? Josephine Kaiser (Uni Hamburg) geht den biografischen Brüchen im Leben des späteren Kirchenpräsidenten der EKHN nach und erläutert seine Auseinandersetzung mit der Theologie Karl Barths. Zum Vortrag mit anschließender Diskussion lädt die Martin Niemöller-Stiftung am Dienstag, 4. Juni, um 19 Uhr in die Aula der Martin-Niemöller-Schule in Wiesbaden (Bierstadter Str. 47) ein.

Der Vortrag wird Teile der Forschungsarbeit „Martin Niemöller und Karl Barth. Weggefährten im Widerstand gegen den Nationalsozialismus? Eine kritische Überprüfung anhand von Korrespondenzen und Gesprächen“ vorstellen. Der Schwerpunkt wird sich auf die Brüche in der Biografie Martin Niemöllers beziehen. Denn jüngst sind durch die neue Biografie von Benjamin Ziemann über Martin Niemöller erhebliche Zweifel aufgekommen, ob Martin Niemöller Widerstand geleistet hat und eine Wende hatte oder zu Lebzeiten Nationalprotestant blieb.

Karl Barth begegnet Niemöller zunächst mit einer ablehnenden Haltung und erklärt sich seine schlechte Theologie daher, dass er mehr Schiffe versenkt habe als zu studieren. Jedoch ändert sich das 1934 im Zuge der Barmer Theologischen Erklärung und Niemöller wird Teil des Widerstandskreises um Karl Barth. Martin Niemöller wird von Karl Barth bis zum Schluss als Freund und Weggefährte wahrgenommen, gleichwohl erkennt Karl Barth seine Ambivalenzen. Aber es entsteht eine berührende und wertschätzende Freundschaft zwischen beiden, die uns auch heute Einblick über biographische Brüche, politischen Widerstand und über Verantwortung ermöglichen.

Im Anschluss an den Vortrag wird Zeit für Fragen und Diskussion sein, denn auch heute steht unsere Demokratie vor der Herausforderung des zunehmenden Faschismus, Antisemitismus und Diskriminierung.

„Wir erkennen, dass Demokratie nicht einfach etwas ist, was wir besitzen, sondern das wir miteinander leben müssen; darüber wollen wir gemeinsam ins Gespräch kommen. Eine plurale Gesellschaft ist dabei der Fokus.“

Referentin Josephine Kaiser, geboren 1997, studierte evangelische Theologie in Zürich, Hamburg, Kiel und Tübingen. Ihr besonderes Interesse gilt der Bekennenden Kirche und dem Theologen Karl Barth sowie der jüdischen Religionsphilosophie und dem Alten Testament. 2023 schrieb sie im Rahmen eines Seminars eine Hausarbeit über Martin Niemöller und Karl Barth mit Hilfe von unveröffentlichten Briefen. 2024 erhielt sie dafür den Preis des Fördervereins „Theologie am Tor zur Welt“ der Universität Hamburg. Sie arbeitete in Systematik für Prof. Dr. Christoph Seibert und für die Arbeitsstelle der Friedenskirchen für Prof. Dr. Fernando Enns (Universität Hamburg). Derzeit befindet sie sich im theologischen Examen und arbeitet nebenbei als Schulbegleiterin an einer Schule in Hamburg.