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Von Ulrich Frey
Am 1.3.2002 hielt Ulrich Frey beim Fachgespräch über die friedensethische Position der Ev. Kirche im Rheinland das folgende Referat (Überarbeitete Fassung)
1. Wie tauglich ist die Figur der ultima ratio?
Das friedensethische Konstrukt ultima ratio ist aus Anlass der Balkankriege und der militärischen Angriffe der USA auf die Taliban und Al Quaida in Afghanistan zum Aufhänger einer erneuerten friedensethischen Diskussion geworden. Die ultima ratio wird kritisiert, weil sie bei der praktischen Anwendung nicht greife oder missbraucht werde und außerdem theologisch falsch sei – bis hin zum Verlust jeglicher ethischer Maßstäbe – , im Ergebnis also aus zwei Gesichtspunkten untauglich sei, kriegerische Gewalt einzugrenzen.
1.1. Was ist die ultima ratio?
Die Figur der ultima ratio gibt Regeln für den Grenzfall der – qualitativ verstandenen – äußerst möglichen Handlungsoption zum Schutz des Friedens, nämlich den Einsatz von militärischer Gewalt. Die Synode der EKD 2001 in Amberg (4.-9.11.) formuliert die ultima ratio militärischer Gewalt in Fortsetzung der Position aus dem Jahre 1994[1] wie folgt:
“Im Maße des Möglichen ist aber sicherzustellen, dass die Anwendung militärischer Gewalt nur als ultima ratio (äußerste Möglichkeit) und nur im unbedingt erforderlichen Umfang erfolgt. Dabei ist der Einsatz militärischer Mittel nur zulässig zur Notwehr, zur Nothilfe und zum Schutz bedrohter Menschen, ihres Lebens, ihrer Freiheit und der Selbstbestimmung ihres Gemeinwesens. Bekämpft und zerstört werden darf allein das militärische Potential der Gegner. Wird zu diesem Ziel militärische Gewalt angewendet, dann ist zu gewährleisten, dass
- solches Eingreifen im Rahmen und nach den Regeln der Vereinen Nationen getroffen wird,
- die Politik im Rahmen des Schutzes oder der Wiederherstellung einer rechtlich verfassten Friedensordnung über klar angebbare Ziele einer Intervention verfügt,
- die an den Zielen gemessenen Erfolgsaussichten realistisch veranschlagt werden,
- von Anfang an bedacht wird, wie eine solche Intervention beendet werden kann”[2].
Die ultima ratio militärischer Gewaltanwendung ist dem theologischen Rang nach kein Bekenntnis. Sie wird als ein Behelf angesehen, mit dem die friedensethische Frage nach der Rechtfertigung von ausnahmsweisem militärischem Handeln geprüft werden kann, der aber nicht von Schuld bei der Anwendung von Gewalt befreit. Selbstkritisch erklärt die EKD in ihrer Zwischenbilanz 2001 die “Unsicherheit und Gegensätzlichkeit” bei der friedensethischen Beurteilung des Kosovo-Krieges in der evangelischen Kirche damit, dass in den Äußerungen der EKD von 1993/94 “enthaltenen Kriterien in der evangelischen Kirche nicht immer konsequent angewandt und deutlich vernehmbar und in die politische Willensbildung eingebracht wurden.”[3]
1.2 Zur Situationsgebundenheit der ultima ratio
Weil friedensethische Aussagen immer durch die aktuelle Situation beeinflusst werden, sei kurz die Genese der Figur der ultima ratio erläutert. Sie ist die logische Konsequenz aus der “vorrangigen Option für die Gewaltfreiheit” als einem Ergebnis des seit 1983 geführten gegenseitigen konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, der anfangs noch unter den Rahmenbedingungen des weltweiten atomaren Wettrüstens stattfand. Die ultima ratio folgt der prima ratio. Die Figur der ultima ratio wurde notwendigerweise entdeckt, als nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes und nach den Abkommen zur Reduzierung atomarer strategischer Langstreckenwaffen (START I 1991, START II 1993) die Bedrohung der atomaren Rüstung in den Hintergrund getreten war und über die Rechtfertigung von “humanitären Interventionen” im Rahmen “konventionell” geführter Militäreinsätze gestritten wurde[4]. Der “Atompazifismus” hatte keine politische Basis mehr. Die atomare Bewaffnung trieb die friedensethische Diskussion damals nicht mehr an. Propst Heino Falcke, Erfurt, führte in dieser neuen Phase globaler politischer und militärischer Optionen als erster den Begriff der ultima ratio in seinem Referat[5] am 9.2.1993 bei der 13. Friedenskonsultation der landeskirchlichen Friedensausschüsse und der christlichen Friedensdienste in Buckow in die friedensethische Auseinandersetzung ein. Ausgehend von dem Beschluss der Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) in Görlitz vom 18. – 22. September 1987 “Bekennen in der Friedensfrage”[6], in dem die “Absage an Geist, Logik und Praxis der Abschreckung” beschlossen worden war, konstatierte Falcke, dass der Waffen- und Kriegsdienst ein “ethisches Wagnis und damit ein Grenzfall christlichen Gehorsams” ist. Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Ökumenische Versammlung Dresden – Magdeburg – Dresden 1988/1989 wohl “die vorrangige Option für die Gewaltfreiheit”[7], nicht aber die prinzipielle Gewaltfreiheit formuliert habe. [8]
1.3 Einbindung der ultima ratio in das Leitbild des gerechten Friedens
Der Grenzfall militärischen Eingreifens ist nicht die Zielrichtung christlich geprägter Friedensethik. Dies ist jedenfalls der Konsens, den die EKD-Denkschrift 1981 so gefasst hat: “Frieden zu wahren, zu fördern und zu erneuern, ist das Gebot, dem jede politische Verantwortung zu folgen hat. Diesem Friedensgebot sind alle politischen Aufgaben zugeordnet. In der Zielrichtung christlicher Ethik liegt nur der Frieden, nicht der Krieg”[9]. Die Synode der EKD in Osnabrück 1993 sagte noch deutlicher: “Beide, die vorrangige wie die unbedingte Option für die Gewaltfreiheit führen aber zusammen in die tätige Verantwortung dafür, dass alle Handlungsspielräume entwickelt und genutzt werden, um Konflikte ursachenorientiert, präventiv und gewaltfrei zu bearbeiten, so dass der Grenzfall militärischer Einsätze wirklich Grenzfall bleibt”.[10]
Schon die These V der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 markierte mit den Begriffen “Gerechtigkeit” und “Frieden” das Leitbild vom “gerechten Frieden”, wenn es um staatliche Gewalt geht.[11] Im Jahre 1988/1989 forderte die Ökumenische Versammlung in der DDR die Entwicklung einer “Lehre vom gerechten Frieden” anstelle der “Lehre vom gerechten Krieg.”[12] Die deutschen Bischöfe formulierten im Jahre 2000 vorsichtiger das “Leitbild des gerechten Friedens.”[13] Die EKD bestätigte 2001 den gerechten Frieden als “Leitbegriff christlicher Friedensethik.”[14] Der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates spricht in seinem Diskussionspapier “Der Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen in Situationen bewaffneter Gewalt – ein ökumenischer ethischer Ansatz” vom Februar 2001 von der “Schaffung eines gerechten Friedens”[15]. Der Leitbegriff “gerechter Friede” ist derzeit ein zentraler Punkt der Dekade zu Überwindung der Gewalt zur Präzisierung des konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Es fällt auf, dass der “gerechte Friede” bisher nur von der Ökumenischen Versammlung – Dresden – Magdeburg – Dresden in den Rang einer “Lehre” erhoben wurde und dass der Weg zum gerechten Frieden bei den zitierten Quellen als Prozess verstanden wird.
Gleichfalls Konsens im Bereich der christlichen Kirchen in Deutschland ist, dass die Lehre vom gerechten Krieg als systematisch und geschichtlich überholt keinen Bestand mehr hat.[16] Die EKD verwendet die vier aus der Lehre vom gerechten Krieg stammenden Kriterien lediglich als “Prüffragen”[17], weil der Leitbegriff des “gerechten Friedens” die Eingrenzung von Gewalt beinhalte. Die Kriterien, die militärische Gewalt äußerstenfalls rechtfertigen können, sind nach Reuter “nicht an eine Rahmentheorie vom ‚gerechten Krieg‘ gebunden und als allgemeine Kriterien ethischer Gewaltkritik und -begrenzung unverzichtbar”.[18] Scheffler[19] interpretiert die Argumentation der EKD in der “Zwischenbilanz” von 2001 wegen der Wiederverwendung der “Prüffragen” als eine “Annahme” der Lehre vom gerechten Krieg. Die Ausführungen der katholischen Bischöfe hingegen liest er als die Ablösung und Überwindung des gerechten Krieges durch den gerechten Frieden, die der EKD nur als eine “Profilierung” des gerechten Friedens.
Die kriminellen terroristischen Akte des 11. September 2001 bieten allerdings einen Anlas, die Debatte neu zu eröffnen. Nach Martin Honecker lassen die Großkirchen militärische Gewalt in Ausnahmefällen “unter Berufung auf die Lehre vom gerechten Krieg” als einer “gemeinchristlichen Tradition”[20] zu. Präsident George W. Bush redet öffentlich und wiederholt davon, dass sich Amerika im “Krieg” befinde. In seiner Rede zur Lage der Nation vom Januar 2002 beschuldigt er einzelne Staaten als die “Achse des Bösen”, sich zu bewaffnen, “um den Frieden der Welt zu bedrohen”. Daraus folgert er: “Das Böse ist real und muss bekämpft werden.”[21] Unter ausdrücklicher Inanspruchnahme der Lehre vom gerechten Krieg unterstützen sechzig US-amerikanische Intellektuelle den Präsidenten, indem sie schreiben: “Organized killers with gobal reach now threaten all of us. In the name of universal human morality, and fully conscious of the restrictions and reqirements of a just war, we support our government’s, and our society’s, decision to use force of arms against them.”[22] Der National Council of Churches (NCC) in den USA dagegen verlangte schon in der Erklärung seiner General Assembly vom 15.11.2001 u.a.: “… an early end to the bombing campaign and for all parties to collaborate with the international community to discern non-violent means that may be available by which to bring to justice those who terrorize the nations of the world.”[23] Die United Church of Christ, Partnerkirche der EKiR, widersprach durch eine weithin auch selbstkritische Stellungnahme des Kollegiums der Vorstandsmitglieder vom 12.10.2001 dem Handeln der US-Regierung mit den Worten: ”Obwohl wir anerkennen, dass Gesetze eingehalten werden müssen, empfinden wir dennoch große Vorbehalte gegen eine gewaltige militärische Antwort auf den Terrorismus durch unsere Regierung und ihre Verbündeten.” Die Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quaker) warnte schon am 26.9.2001 in einer Erklärung “After the Shock has passed: Quaker Commitments to work for Healing, Justice and Peace” vor bloßer Vergeltung.
1.4 Positionen zur Figur der ultima ratio
1.4.1 Ablehnung durch grundsätzliche Pazifisten:
- Aus der Tradition der so genannten “historischen” Friedenskirchen (Mennoniten, Brethren, Quaker) ist militärisches Handeln im Blick auf die Gewaltlosigkeit in der Nachfolge Jesu auch als ultima ratio prinzipiell nicht zu rechtfertigen[24] [25], ebenso aus der Sicht grundsätzlicher Pazifisten anderer Begründung. “Es braucht die Bereitschaft des Leibes Christi, eher Gewalt zu leiden, als Gewalt zu tun.”[26] Yoder stellt nach der Exegese des Neuen Testamentes fest, “dass die Ausübung der staatlichen Gewalt eine notwendige, aber auch eine heidnische Funktion ist.”[27] “Die Daseinsberechtigung des Täufertums liegt in seiner grundsätzlichen Weigerung, eine andere Autorität, sollte sie sich auch christlich nennen, neben oder über der Schrift anzuerkennen.”[28] “Der Christ dient gerade dann dem Staat und dem Gemeinwesen am besten und in der wesentlichsten, ihm eigenen, unersetzlichen Weise, wenn er in der Verkündigung des Evangeliums, im Vorleben eines vorbildlichen Gemeinschaftslebens und in der Fürbitte für alle Menschen mit seinem Christsein ernst macht.”[29] Dabei wird das “Schwert der Obrigkeit”, also in moderner Begrifflichkeit das Gewaltmonopol des Staates, akzeptiert. Die Nachfolge Jesu bedeutet keine bloße Verinnerlichung und “keine Außerkraftsetzung der radikalen Liebesethik Jesu.”[30] Konsequent ist die konstruktive Friedensarbeit prinzipieller Pazifisten aus dieser Haltung heraus, wie sie beispielhaft von Hildegard Goss-Mayr , Jean Goss und Martin Luther King geleistet worden ist und von anderen geleistet wird.[31]
- Engelke kritisiert: Die Formel von der ultima ratio beanspruche einen eschatologischen Rang als “Endgültiges”, der ihr im Blick auf das wirklich “Endgültige”, nämlich das Kommen Jesu, nicht zustehe[32]. – Die Formel sei unchristlich, weil sie dem Bekenntnis entgegenstehe dass der von Christus geschenkte Frieden “alle Vernunft übersteigt” (Phil. 4,7), sie beinhalte als Legitimationsgrund militärischer Gewalt eine Häresie. Der Begriff der ultima ratio sei eine Lüge, weil andere Mittel zur Konfliktbewältigung nicht entwickelt und nicht ausreichend unterstützt worden seien und dies auch nicht gewollt sei.[33]
1.4.2 Grundsätzliche Akzeptanz, aber Präzisierung und sorgfältige Reflexion
a) Die EKD verfolgt seit der Denkschrift von 1981 mit “dem diakonischen Typus politischer Ethik”[34] das Ziel, “den Vorrang einer umfassenden politischen Sicherung des Friedens vor der militärischen Rüstung wiederzugewinnen”[35]. Dazu schlägt sie als Orientierungspunkte vor[36]: a) Stärkung der internationalen Friedensordnung als einer Rechtsordnung, b) Ausbau von Wegen der zivilen Konfliktbearbeitung, c) Begrenzung des Rüstungspotentials. Die EKD akzeptierte 1994 die ultima ratio als ein “im Rahmen nüchterner friedenspolitischer Abwägung qualitativ für ein nach dem Maß der ausgeübten Gewalt ausgeübtes ‚äußerstes‘ Mittel.”[37] Die EKD sieht es im Zusammenhang mit der zivilen Konfliktbearbeitung als notwendig an, “die in vielen Fällen gegebene wechselseitige Bedingtheit und das Aufeinanderangewiesensein ziviler und militärischer Maßnahmen zur Friedenssicherung im Blick zu haben. Nur so wird eine nachhaltige Wirkung beider Wege möglich werden.”[38]
Aufgrund der Kritik daran nach den Balkankriegen konzediert die EKD im Jahre 2001, die Kriterien seien in Zukunft so zu fassen, “dass sie die gewünschte begrenzende Wirkung wirkungsvoll ausüben”.[39] Dazu werden im Kapitel III der Zwischenbilanz des Jahres 2001 Überlegungen angestellt. Die Amberger Synode (2001) beschreibt in ihrer Kundgebung[40] “Friedenspolitik in der gegenwärtigen Situation” den Sachstand in Bezug auf den bevorstehenden Beschluss des Bundestages zur Entsendung von deutschen Soldaten zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus in fairer Weise, benennt schwere Bedenken und stellt kritische Fragen. Die Synode trifft keine Entscheidung für oder gegen den Einsatz deutscher Soldaten. Letztendlich bittet sie die Abgeordneten des Bundestages und die Mitglieder der Bundesregierung, “angesichts unserer eigenen und der allgemeinen öffentlichen Ungewissheit, ob die Voraussetzungen für einen militärischen Einsatz – auch wenn er in einer internationalen Straf- und Erzwingungsaktion erfolgen sollte – wirklich gegeben sind und ob die friedensethischen Bedingungen beachtet sind”, die “Gewissensfreiheit jedes einzelnen zu achten”. Ein alternativer Antrag von 14 Synodalen gegen den Einsatz geht fehl. Er fordert die “Bewährung des Friedenszeugnisses der Kirche” im Sinne von Bonhoeffer und zählt fünf Grundkriterien und Prüfsteine auf, als wichtigste eine ultima ratio als der “allerletzten Möglichkeit, wenn die vorherigen Bemühungen um einen gerechten Frieden gescheitert sind und wenn sie (scil. die militärische Gewalt) von der Intention geleitet ist, größere Gewalt und größeres Unrecht zu verhindern.”[41]
b) Die Ev. Kirche im Rheinland nahm bei ihrer Synode 1993 noch keine Stellung zur Figur der ultima ratio. Sie stellte lediglich klar: “Keinesfalls ist der Krieg als Mittel der Politik zu rechtfertigen. Es gibt keinen gerechten Krieg.”[42] Die Synode des Jahres 2001 akzeptierte die Figur der ultima ratio, verlangte aber eine Präzisierung, weil sie vor dem Kosovo-Krieg bei den Verhandlungen in Rambouillet als Drohung mit militärischen Angriffen (“Luftschlägen”) missbraucht worden sei, um eine Unterschrift der Bundesrepublik Jugoslawien zu erreichen und dadurch ein übergangsloses klassisches Junktim zwischen der ratio diplomatischer Verhandlungen und der ultima ratio militärischen Handelns hergestellt worden sei.[43] Unter dem Eindruck der schweren militärischen Angriffe der USA auf Taliban und Al Quaida in Afghanistan ab dem 7. Oktober 2001 votiert die Landessynode 2002[44] zurückhaltender, indem sie auf die “engen Grenzen für die Anwendung militärischer Gewalt” und die “Priorität ziviler Konfliktlösung” hinweist. Sie erklärt den Krieg als ein untaugliches Mittel gegen den Terrorismus und unterstützt die Erklärung der amerikanischen Partnerkirche United Church of Christ (UCC)[45], die die Reaktion der US-Administration im Kern ablehnt.
c) Der theologische Ansatz der reformierten Tradition[46] legt nahe, vor die ethische Entscheidung das Bekenntnis zu Jesus Christus, dem Versöhner, zum Ausgangspunkt des Denkens und des Urteiles zu nehmen. Dies führt wie schon im Falle des “Nein ohne jedes Ja” zu den Massenvernichtungsmitteln (1982) jedoch nicht zu einem Pazifismus “als der prinzipiell einzigen Möglichkeit, als Christ seines Glaubens zu leben,” sondern zu “einseitigen überlegten, aber nichtsdestoweniger radikalen Schritten” in politisches Handeln hinein.[47] Die ultima ratio wird nicht grundsätzlich abgelehnt. Vor diesem Hintergrund kritisiert Rolf Wischnath, Generalsuperintendent, Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg, 1982 federführend tätig bei der Erarbeitung der Erklärung des Moderamens des Reformierten Bundes “Das Bekenntnis zu Jesus Christus und die Friedensverantwortung der Kirche”[48], die Kundgebung der Synode, weil sie im Sinne der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre keinen biblischen Bezug enthalte, auch nicht den auf die Thesen I und II der Theologischen Erklärung von Barmen 1934 und weil sie die “entscheidenden friedensethischen Kriterien (preisgebe)”, die “seit 1945 in Ost und West” entwickelt wurden, einschließlich des Beschlusses der Bundessynode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR in Görlitz zum “Bekennen in der Friedensfrage” vom 22.9.1987.[49]
d) Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) nimmt in dem vom Zentralausschuss in Potsdam 2001 als Diskussionspapier verabschiedeten Text “Der Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen in Situationen bewaffneter Gewalt: Ein ökumenischer ethischer Ansatz” unter den Stichworten “Erwägungen und Kriterien” indirekt zur ultima ratio Stellung[50]. Der ÖRK hält eine Intervention zum Schutze gefährdeter Bevölkerungsgruppen in Situationen bewaffneter Gewalt für möglich, zieht dabei aber sehr enge Grenzen, die bei einer Anwendung im Falle Afghanistan zu einer Ablehnung geführt hätten.
e) Auch die deutschen Bischöfe stellen 2000 fest: “Die Anwendung von Gegengewalt kommt überhaupt nur als ultima ratio in Betracht.”[51] Die Bischöfe fragen unter Hinweis auf die “überragende Bedeutung des Wertes des Lebens in der Lehrverkündigung”, “ob es jenseits unmittelbarer Notwehr zur Verteidigung von Leib und Leben Ziele gibt, die den Einsatz militärischer Gewalt rechtfertigen können.”[52] Danach werden im einzelnen Kriterien genannt und ihre theoretische und praktische Anwendung kritisch gewürdigt und hinterfragt (Bindung an geltendes Friedenssicherungsrecht, Minimum an Gewalt, zielführend und verhältnismäßig, Unterscheidung zwischen Kämpfenden und Nicht-Kämpfenden, Linderung von Notlagen, politische Perspektive mehr als status quo ante, Konfliktnachsorge, Vorhandensein eines politischen Gesamtkonzeptes).
Als Fazit ist festzuhalten: Militärische Gewalt als ultima ratio wird ökumeneweit friedensethisch gar nicht oder nur eingeschränkt bejaht. Die Tendenz wird nach den Bombardements in Afghanistan noch kritischer. Falls man die ultima ratio nicht aus grundsätzlicher Glaubenssicht oder anderen Gründen grundsätzlich ablehnt, erscheint sie, wenn überhaupt, tendenziell zukünftig nur in der Perspektive eines “gerechten Friedens”, aber nicht mehr auf der Grundlage von “Prüffragen” verkehrsfähig zu sein, die eben nicht mehr aus der Lehre vom “gerechten Krieg” stammen.
2. Ist die ultima ratio mit theologischen Grundaussagen vereinbar?
2.1. Zur Vereinbarkeit mit der Position von grundsätzlichen Pazifisten
Die prinzipielle, aus der Nachfolge Jesu oder anders begründete Ablehnung der Beteiligung bzw. Unterstützung von militärischen Aktionen und Krieg kann eine ultima ratio gleich welcher Motivation grundsätzlich nicht akzeptieren.[53]
2.2 Zur Vereinbarkeit mit der Position der lutherischen und der reformierten Schule
Die theologischen Ansätze der lutherischen und der reformierten Tradition sind zwar unterschiedlich, wie es sich auch am Beispiel der Auseinandersetzung um den status confessionis in der Nachrüstungsdebatte am Anfang der 80er Jahre erwies. Beide Schulen aber können auf ihre Weise mit der Figur der ultima ratio konstruktiv umgehen und akzeptieren sie deshalb dem Grunde nach, wie oben unter 1.4.2 beschrieben.
Die EKD sieht keine Alternative zwischen Gesinnungs- bzw. Gewissensethik einerseits und Verantwortungsethik andererseits.[54] Wischnath stellt für die Reformierten aus Anlass der Entscheidung zur Entsendung von Soldaten der Bundeswehr gegen den internationalen Terrorismus als entscheidend die Glaubensfrage heraus, die vor der ethischen Entscheidung liegt. Er beruft sich im vorliegenden Falle zwar nicht auf den status confessionis, 1982 in der Debatte um die atomare “Nachrüstung” verstanden als “Einladung zum Glauben und zum Ruf in die verbindliche Entscheidung des Bekennens”[55], legt seiner Beurteilung aber das Bekenntnis zu Jesus Christus zugrunde, indem er auf die 1. Barmer These verweist: “Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.” In der Konsequenz hätte die Synode der EKD 2001 nach Wischnath dem gescheiterten Minderheitenantrag folgen sollen, der die friedensethischen Strömungen in der EKD gar nicht erst zur Anwendung gebracht hätte.[56]
3. Durch einen processus confessionis[57] zum gerechten Frieden
Der Glauben an Jesus Christus ist für prinzipielle Pazifisten wie in den Reihen der Mennoniten ein Grund, die ultima ratio abzulehnen und deshalb ein Ansporn, im Sinne eines gewaltfreien konstruktiven Programms tätig zu werden. Das oben skizzierte theologische Nebeneinander der lutherischen und der reformierten Tradition muss nicht stören, weil beide Ansätze in der kirchenpolitischen Praxis auf ein gradualistisches Konzept[58] hinauslaufen, kriegerische Gewalt zu überwinden, jeweils begründet aus dem diakonisch-politischen oder dem am Bekenntnis orientierten Impetus.
Wenn sich Gesinnung und Gewissen einerseits und Verantwortung andererseits nicht als Gegensätze, sondern als gegenseitig bedingt und förderlich zu einander verhalten, dann liegt es nahe, dem reformierten Ansatz folgend, erstens dem Glauben an Jesus Christus bei ethisch qualifizierten Entscheidungen in Gesellschaft und Politik ein stärkeres Gewicht zu geben. Der Gefahr, in schwierigen und unübersichtlichen gesellschaftlichen oder politischen Fragen nach allgemeineren kirchenpolitischen Kriterien zu entscheiden, würde dadurch verringert.
Sieht man die in den zitierten Voten reflektierten Probleme (Information, Beurteilung, Entwicklung von politischen Instrumenten und Recht u.a.m.) durch, so ergibt sich zweitens ein wesentlicher Bedarf bei der Präzisierung und Verdeutlichung christlichen und kirchlichen Handelns in Richtung auf ernsthafte Veränderungen in Gesellschaft und Politik. Ein Beispiel aus der Zeit der Auseinandersetzung um die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen ist das “Wort des Rates der EKD zur Friedensdiskussion im Herbst 1983”. Damals konkretisierte der Rat unter dem Druck der Basis seine allgemein gehaltene Denkschrift, indem er forderte, einstweilen auf die Stationierung zu verzichten, einen allseitigen nuclear freeze zu vereinbaren und nicht mehr mit dem Ersteinsatz von Atomwaffen zu drohen[59]. Das aktuelle Beispiel ist die Forderung der EKD und der römisch-katholischen Kirche in der bioethischen Debatte, den Import von embryonalen Stammzellen zu verbieten.
Im Zusammenwirken von Glaubens- und Sachgründen können Christen und Kirchen eher überzeugen als nur durch den Vortrag von Gründen und Argumenten der politischen Vernunft, die auch von anderer Seite kommen könnten. Der Prozess der Auseinandersetzung in und zwischen den Kirchen und Christen sowie in Gesellschaft und Politik sollte eine spiralförmig beschreibbare Bewegung in der Perspektive des “gerechten Friedens” freisetzen, und zwar einen zweispurigen “processus confessionis” in Gestalt biblisch-theologischer Arbeit (3.1) und der Einübung in tätige Verantwortung (3.2).
3.1 Biblisch-theologische Arbeit
Gegenstand der Arbeit ist die inhaltliche Füllung des Leitbildes vom gerechten Frieden. Sie ergibt sich aus der ökumeneweit konsentierten vorrangigen Option für die Gewaltfreiheit, die wiederum aus dem konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung hervorgegangen ist. Die biblisch-theologische Arbeit dazu sollte uns in den Stand versetzen, das christliche Proprium zu finden, mit dem eine Politik zur Vermeidung der ultima ratio militärischer Gewalt begründet und vorangetrieben werden kann.
Hier ist der Platz des gegenseitig kritischen Dialogs mit grundsätzlichen Pazifisten über die ihrer Ansicht nach nötige “Umkehr aus der konstantinischen Häresie”[60] oder über die politische Bedeutung und Realitätstüchtigkeit von Glauben, im wesentlichen aber die Vertiefung des Verständnisses des dreieinigen Gottes angesichts des täglichen, durch Waffengewalt verursachten Elends in der Schöpfung. Friedensgebete, wie sie nach dem 11. September 2001 vielerorts wieder aufgenommen worden sind, gewinnen deshalb an Stellenwert. Wir sollten dabei aber, gleich welcher Tradition wir folgen, darauf achten, dass das “Evangelium vom Frieden (nicht) spiritualisiert und seiner Kraft der politischen Friedensgestaltung beraubt (wird)”.[61]
Präses Kock hat in seinen Berichten bei der Synode der EKD 2001 und der Landessynode der EkiR eingangs der Abschnitte zu Gewalt und Krieg stets das Elend der Opfer und Schwachen sowie die Forderung nach Gerechtigkeit in den Vordergrund gestellt. Dieses ist der Grund der biblisch-theologischen Arbeit. Die Liebe Gottes als Bezugspunkt von außen verhilft uns zur nötigen Distanz zu uns selbst. Sie versetzt uns in den Stand, aufnahmebereit zu bleiben, neue Herausforderungen anzunehmen, nichts zu verdrängen und mutige Schritte zu tun.
Konkret ist als Ergebnis der friedensethischen Diskussion und als Konsequenz des Leitbildes vom “gerechten Frieden” die Figur der ultima ratio im Falle von konventionellen Kriegen nicht mehr anzuwenden. Dies bedeutet, dass Kirchen ohne Ausnahme keinen konventionellen Krieg mehr billigen dürfen. Nur im Falle von Gewaltmaßnahmen, auch militärischer Art, die einen klaren polizeilichen Zweck zur Erhaltung der internationalen rechtlich verankerten Friedensordnung verfolgen, wäre noch Ermessensspielraum für eine Rechtfertigung.[62] Das Leitbild des “gerechten Friedens” gebietet, mit zivilen, ökonomischen und gesellschaftspolitisch wirksamen Maßnahmen einschließlich der Diplomatie vorrangig alles zur Vermeidung von Gewalt zu tun oder zu unterlassen. Für den nicht auszuschließenden Fall des Scheiterns solcher Bemühungen ist es nicht zu umgehen, Ermessenskriterien für den Einsatz von Gewalt zu bedenken, wie sie vergleichsweise im innerstaatlichen Polizeirecht entwickelt worden sind. Dabei werden sich wiederum die bekannten Dilemmata der zu treffenden Ermessensentscheidung einstellen: Sind die Kriterien präzise und auch weit genug, um das Leitbild vom “gerechten Frieden” in der Praxis durchhalten zu können? Wie ist zu entscheiden, wenn mangels sicherer Fakten keine Ermessensentscheidung nachprüfbar getroffen werden kann?
3.2 Einübung der tätigen Verantwortung
Ein “gerechter Friede”, dessen prägender Rang die ultima ratio eines Tages überflüssig machen kann, braucht dreierlei:
3.2.1 die Überprüfung von Schlüsselbegriffen wie “Krieg” und “Sicherheit”,
3.2.2 die Schaffung von Rahmenbedingungen zur Realisierung und
3.2.3 die Herstellung von Instrumenten und Methoden öffentlichen Handelns.
3.2.1 Überprüfung von Schlüsselbegriffen
Die kriminellen Terrorangriffe vom 11. September zeitigen globale grundlegende politische, wirtschaftliche und soziale Folgen in und zwischen einzelnen Staaten sowie bei internationalen Organisationen. Die Entschlossenheit, mit der die USA unter ungeheurem Einsatz von Patriotismus, militärischer Gewalt und Geld[63] ihre Führungsrolle im Kampf gegen den Terrorismus durchsetzen, hat die Gefahr offenbart, dass der Kampf gegen den Terrorismus im Sinne der einzigen Supermacht der Erde zum weltweiten ordnungspolitischen Projekt gerät. Konkrete Gefahren für den Missbrauch von Außen- und Sicherheitspolitik sowie für die demokratische Entwicklung von Staaten und die Respektierung der Menschen- und Bürgerrechte zeichnen sich ab. Handfeste ökonomische und geopolitische Interessen einzelner Staaten können unter dem Mantel des Kampfes gegen den Terrorismus versteckt werden. Die geopolitischen Interessen der USA in Zentralasien sind bekannt. Um eine negative Entwicklung überhaupt erkennen zu können, ist es deshalb notwendig, sich der Bedeutung einiger Grundbegriffe zu vergewissern. Sonst droht der Konsens aus der Zeit vor dem 11. September 2001 über zukunftsfähige Orientierungen wie “Weltinnenpolitik” oder “Global Governance” und über die vorrangige Bedeutung von Organisationen wie die Vereinten Nationen und ihre regionalen Gliederungen (z.B. die OSZE) verloren zu gehen.
a) Klärung des Verständnisses von Terrorismus
Sinnvolles politisches Handeln wird blockiert oder mit schlimmen Folgen gar unmöglich gemacht, wenn die Akteure keine Verständigung darüber erreichen können, was Terrorismus ist, wie und weshalb er entsteht und wie die Ursachen bekämpft werden können. An diesen Bemühungen sollten sich auch die Kirchen auf der gemeinsamen biblischen Grundlage mit den Ressourcen ihrer ökumenischen Vernetzung beteiligen.
b) Überprüfung des Verständnisses von “Krieg”
Sprache transportiert Erfahrungen und Gefühle, formt das Denken und gestaltet das Handeln. Sprache ist Kulturträger und ein langfristig und tief wirkendes politisches Instrument. Sprache wird in der politischen Auseinandersetzung um die Legitimierung von militärischer Gewalt zum Kampfmittel.
In den Reaktionen auf den terroristischen Anschlag auf New York und Washington DC am 11. September 2001 ist deutlich geworden, wie unvorbereitet Einzelne und Kollektive einschließlich von politisch Verantwortlichen sind, solche monströsen Ereignisse sprachlich und begrifflich zu verarbeiten. In den USA und Europa wurde, weitgehend nicht hinterfragt, der Ausdruck “Krieg” gebraucht. Dieses Tod und Zerstörung verkündende Wort wurde in den USA zur Vorbereitung der öffentlichen Meinung auf die Angriffe der USA auf die Taliban und Al Quaida in Afghanistan genutzt. Auch Bundeskanzler Schröder verwandte ihn öffentlich.[64] Dabei blieb unberücksichtigt, dass dieser Anschlag “Ausdruck einer sich schon seit längerer Zeit vollziehenden Entstaatlichung, Entterritorialisierung und Privatisierung der Gewaltausübung, sowie einer globalen Ausweitung bisher lokal und regional begrenzter Terrorismen im Kontext konkreter, lokalisierbarer Konflikte”[65] ist. So wurde im Jahre 2001 nur einer der weltweit zwölf geführten “Kriege” zwischen Staaten ausgetragen.[66] Dabei handelt es sich um zerfallene oder zerfallende Staaten und um Gebiete mit “Gewaltmärkten”, in denen Menschen (Kindersoldaten), Drogen, Rohstoffe (Diamanten) Handelswaren sind, und um Banden- und Bürgerkriege. Hier machen Warlords ihre Profite. Seit 1990 sind jährlich weltweit mindestens 500.000 Menschen in solchen Wirren umgekommen[67]. Beispiele dafür sind Sierra Leone, Somalia und Afghanistan unter der Herrschaft der Taliban. Der Begriff “Bürgerkrieg” setzt immer noch ein existierendes Staatswesen voraus.
Die Ursachen dieser Konflikte sind nur komplex und nicht monokausal zu erklären. Matthies benennt als “tiefsten strukturellen Grund” die “extrem asymmetrische Machtverteilung im gegenwärtigen internationalen System …, die politische, ökonomische, militärische und kulturelle Dominanz des Westens und der USA, die sich vielfach, insbesondere in der Wahrnehmung anderer Gesellschaften, als eine Art ‚struktureller Arroganz‘ ausnimmt.”[68] Diese Ursachen mit militärischen Mitteln auflösen zu wollen, ist objektiv unmöglich. Angemessen ist eine “genuin politische Auseinandersetzung …, die neben eher kurzfristigen defensiven und repressiven Maßnahmen vor allem mittel- und längerfristige präventive Strategien aufweisen muss, die an den tiefer liegenden Ursachen und Nährböden des Terrorismus ansetzen.”[69]
Weil die Ursachen von entstaatlichter Gewalt nicht mit den Mitteln des klassischen Krieges zwischen Staaten bekämpft werden können, ist der Begriff “Krieg” in diesen Fällen sinnvollerweise nicht mehr zu benutzen. Ihm sollte in der christlichen Friedensethik für die Fälle entstaatlichter Gewalt oder innerstaatlicher Gewalt der Abschied gegeben werden.[70] Im Völkerrecht wird für solche Konflikte schon der Ausdruck “nicht-internationale bewaffnete Konflikte” gebraucht. Eine solche Unterscheidung ist von großer Bedeutung für die Konzeptionierung aller berührten Politikfelder (insbesondere der Sicherheits-, Außen- und Entwicklungspolitik) und ihre praktische Umsetzung. Sie erleichtert es, das in Artikel 2 Abs. 4 der Charta der Vereinten Nationen verankerte allgemeine Gewaltverbot um ein Gewaltmonopol der UN zu ergänzen und für den äußersten Fall internationale bewaffnete Kräfte nach Kaptitel VII der Charta bereitzustellen, die anderen Regeln gehorchen als herkömmliche militärische Kräfte. Solche zukünftigen internationalen bewaffneten Kräfte mit polizeilicher Ausrichtung hätten den Auftrag, die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach internationalem Recht zu gewährleisten[71], nicht aber einen militärischen Sieg über den Feind zu erkämpfen.
Gleichwohl ist Vorsicht angebracht. Denn es ist nicht sicher, ob polizeilich konzipierte bewaffnete Kräfte nach Mandatierung, Ausrüstung, und Einsatz diese Grenzen immer einhalten können und werden. Auch für sie gilt, dass Gewalt die dem Konflikt zugrundeliegenden Probleme in der Regel nicht zu lösen vermag. Für die christliche Friedensethik ergibt sich daraus die Aufgabe zu prüfen, welche Kriterien des Ermessens anzuwenden sind, wie sie völkerrechtlich begründet werden können und wie das Ergebnis kontrolliert werden kann. Bei realistischer Betrachtung der möglichen Vielfalt können die Kriterien für die Anwendung von Gewalt kein passgenauer Maßstab für ein “Nein” oder ein “Ja” in jedem Einzelfall sein, sondern nur einen Ermessensrahmen geben, der – juristisch gesprochen – auf Ermessensmissbrauch oder Ermessensüberschreitung überprüft werden kann. Die polizeilichen Kriterien gewaltsamer Interventionen würden auf anderer Grundlage basieren als die der ultima ratio bisheriger Herkunft aus der überholten Lehre vom gerechten Krieg, die zur Begrenzung von kriegerischer Gewalt verhelfen sollte, aber eben nicht zu ihrer Überwindung. Gewaltanwendung zur Herstellung von Sicherheit und Ordnung dürfen nicht mit humanitären Programmen verbunden werden. Kriterien zur Legitimierung polizeilich verstandener Gewalt könnten aus einer demokratischen Grundlegung von Polizei gewonnen werden (z.B. internationales Recht, Gewaltenteilung, Zweck: Herstellung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Güterabwägung, rechtsstaatliche Überprüfbarkeit durch unabhängige internationale oder nationale Gerichte, Sanktionsfähigkeit polizeilichen Handelns). Solche Überlegungen sind ein Vorgriff auf ein noch nicht existierendes demokratisch legitimiertes weltweites Gewaltmonopol im Rahmen einer “Weltinnenpolitik.”[72]
c) Überprüfung unseres Verständnisses von Sicherheit
Bonhoeffers Feststellung “Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit”[73] schärft uns ein, dass Christen und Kirchen keine absolute Sicherheit anstreben können. Der Einsatz von Militär bei “humanitären Interventionen” zur Regelung von Konflikten ist in der Regel ein Zeichen für nicht genutzte Interventionsmöglichkeiten unterhalb der militärischen Schwelle.[74] Dennoch gewinnt “Sicherheit” als eines der vorrangigen staatlichen Schutzgüter in Zeiten zunehmender inner- und außerstaatlicher Gewalt an Bedeutung für die Menschen und deshalb an politischem Gewicht. Die USA versuchen gegenwärtig durch immense Aufrüstungsprogramme, sich gegen Angriffe von außen unverletzbar zu machen. Terroristen haben am 11. September mit konventionellen Mitteln gezeigt, wie fragwürdig solche Allmachtsvorstellungen der absoluten Sicherheit sind. Den nach außen gerichteten Programmen gegen den Terrorismus entsprechen scharfe innenpolitische Bemühungen sowohl in den USA als auch in europäischen Staaten, wie z.B. in Deutschland, Terroristen zu entdecken, zu fassen und zur Rechenschaft zu ziehen. Gesetze zu diesem Zweck haben in den USA[75] und Deutschland erhebliche Besorgnisse wegen der Verletzung von Bürgerrechten und demokratischer Kultur ausgelöst.
Für die konkrete Anwendung der ultima ratio militärischer Gewalt durch die NATO ist von Bedeutung, wie “Sicherheit” nach der gewandelten Lage verstanden wird. Das im April 1999 in Washington gebilligte “neue Strategische Konzept” analysiert die neueren Entwicklungen so: “In den letzten zehn Jahren sind jedoch auch komplexe neue Risiken für euro-atlantischen Frieden und Stabilität aufgetreten, einschließlich Unterdrückung, ethnischer Konflikte, wirtschaftlicher Not, des Zusammenbruchs politischer Ordnungen sowie der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen” (Ziffer 3, a.E. des Konzeptes). Die NATO definiert “Sicherheit” außerordentlich weit. “Im Fall eines bewaffneten Angriffs auf das Gebiet der Bündnispartner, aus welcher Richtung auch immer, finden Artikel 5 und 6 des Vertrages von Washington Anwendung. Die Sicherheit des Bündnisses muss jedoch auch den globalen Kontext berücksichtigen. Sicherheitsinteressen des Bündnisses können von anderen Risiken umfassenderer Natur berührt werden, einschließlich Akte des Terrorismus, der Sabotage und des organisierten Verbrechens sowie der Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen. Die unkontrollierte Bewegung einer großen Zahl von Menschen, insbesondere als Folge bewaffneter Konflikte, kann ebenfalls Probleme für die Sicherheit und Stabilität des Bündnisses aufwerfen” (Ziffer 24).
Dieser umfassende Begriff von Sicherheit, der das potentielle militärische Betätigungsfeld erheblich erweitert, sollte aus der Einsicht christlicher Friedensethik nicht angewandt werden. Statt dessen sollte sich die Debatte um “Sicherheit” an dem von UNDP entwickelten Begriff der “menschlichen Sicherheit” orientieren.[76] Einen Ansatzpunkt liefert aus staatlicher Perspektive die Definition von “Sicherheit” im Gesamtkonzept der Bundesregierung vom 7.4.2000 “Krisenprävention und Konfliktbeilegung,” die die politische, ökonomische, ökologische und soziale Dimension umfasst.[77]
3.2.2 Schaffung von Rahmenbedingungen für einen gerechten Frieden
a) Verhinderung von rechtsfreien Räumen
Die Leiden der boat people im chinesischen Meer, der “illegalen” Flüchtlinge, die sich durch den Tunnel unter dem Ärmelkanal nach Großbritannien, über den Frankfurter Flughafen nach Deutschland oder auf Seelenverkäufern nach Italien oder Australien (Lager Woomera) retten wollen, und die Behandlung der von der Bush-Administration in der Guantánamo-Bay/Kuba gefangen gehaltenen “irregulären Kämpfer” der Al Quaida verdeutlichen uns, dass zunehmend rechtsfreie Räume geduldet oder aktiv geschaffen werden, in denen Menschen keine Möglichkeit mehr haben, ihre völkerrechtlich kodifizierten, ihre bürgerlichen oder ihre Menschenrechte in Anspruch zu nehmen, weil sie nur noch als Körper behandelt werden.[78]
b) Bemühungen um Gerechtigkeit
Der Schlüssel für die Gewinnung von nicht militärisch gestützter und deshalb nachhaltiger Sicherheit ist Gerechtigkeit. Hier ist ein erheblicher Rückstand gegenüber den militärischen Bemühungen zu bewältigen, was die politische Durchsetzungsfähigkeit, die Schaffung von Instrumenten und die Bereitstellung von Geldern angeht. Verstärkt werden müssen die Maßnahmen, die seitens der Kirchen als gesellschaftlicher Großgruppen, anderer NROs, der Wissenschaft und des Staates, z.B. im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, richtungsweisend gedacht oder ausgeführt werden (Armutsbekämpfung, Krisenprävention, Konfliktnachsorge, Bekämpfung von Rüstungsexporten, Stärkung der Rolle der Frauen, u.a.m.).[79] Eine allgemeine Grundlage dafür ist das Konzept der menschlichen Entwicklung von UNDP.[80] Die Kirchen sollten in öffentlich wirksamer Weise ihre Rolle zur Schaffung von mehr Gerechtigkeit akzentuierter, wenn nötig auch aggressiver, wahrnehmen. Dazu gehört eine profilierte Öffentlichkeitsarbeit und ein von Regierungen unabhängiges Wissens- und Informationsmanagement, um zwecks korrekter Anwendung selbst gegebener Kriterien Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von krisenhaften Entwicklungen möglichst zu vermeiden. Die ökumenischen Beziehungen der Kirchen können hierzu genutzt werden.
c) Unterstützung von multilateralen Bemühungen zur Verminderung von Gewalt
Auf der Ebene der Vereinten Nationen betrifft dies die Fähigkeit der VN, auf der Grundlage ihrer Charta Frieden herzustellen, zu konsolidieren oder zu erzwingen. So sollten die umfassenden Reformanstrengungen der VN für Friedensmissionen gefördert werden, wie sie im Brahimi-Bericht u.a. für vorbeugende zivil orientierte Maßnahmen der Friedenskonsolidierung begründet werden.[81]
Zu unterstützen ist auch die Forderung der EKD, die Probleme zu vermindern, die sich aus der mangel- oder zweifelhaften Mandatierung im Kosovo-Krieg der NATO und dem Rückgriff auf den Nothilfegedanken ergeben. Die Durchsetzung von internationalem Recht und von Menschenrechten sollte dadurch erleichtert werden, dass die Lücke zwischen dem allgemeinen Gewaltverbot des Artikels 2 Abs. 4 der Charta der VN und dem Fehlen eines supranationalen Gewaltmonopols geschlossen wird. Zu diesem Zweck sollten regionale Einrichtungen der UN, wie z.B. die OSZE, unter bestimmten Bedingungen zu Zwangsmaßnahmen ermächtigt werden[82]. Weil die UN alternativlos sind, sollten sie mit dem Ziel reformiert werden, “rechtsstaatliche Prinzipien auf internationaler Ebene” herauszubilden.
Die EKD kritisiert zu Recht als “Fehlentwicklung”, dass infolge des gedehnten Sicherheitsbegriffes, von der NATO 1999 im neuen Strategischen Konzept (Ziffer 24) festgelegt, “das Feld für den Einsatz militärischer Gewalt außerordentlich weit gezogen wird.” Die Rückbindung militärischer Zwangsmittel an die Charta der VN und die Kompetenz des Sicherheitsrates werde vernachlässigt. Die EKD mahnt dazu, bei den Bemühungen für eine eigenständige europäische Sicherheitspolitik auf die “Verträglichkeit” mit der Charta der UN zu achten. “Friedenspolitisch unerlässlich” sei es, die angestrebte Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) institutionell mit den nicht-militärischen Komponenten der Konfliktverhütung und er Konfliktbewältigung auszustatten, insbesondere mit einer europäischen Polizeitruppe, die ”in Notsituationen tatsächlich mit ausreichenden und qualifizierten Kräften zur Verfügung steht.” Die EKD kritisiert schließlich, dass die “organisatorischen Vorkehrungen sowie die eingesetzten finanziellen Volumina” zur zivilen Konfliktprävention und nicht-militärischen Konfliktverhütung gegenüber den militärischen Anstrengungen zurückbleiben. Die friedensethische Glaubwürdigkeit des deutschen Beitrages zur europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik erfordere die Umsetzung gerade der nicht-militärischen Komponenten (u.a. Förderung der OSZE-Mechanismen).[83]
d) Abbau der nuklearen Abschreckung
Die EKD qualifiziert die nukleare Abschreckung in den Orientierungspunkten noch 1994 als keinen dauerhaften Weg zur Friedenssicherung und fordert deshalb “auf weitere Sicht” die “Ächtung” der Atomwaffen durch die Vereinten Nationen, was bedeutet, “dass ihre Herstellung, Bereithaltung und Anwendung” verboten wird und dieses Verbot weltweit durchgesetzt wird.[84] Die NATO erklärte in ihrem neuen Strategischen Konzept von 1999, aus grundsätzlichen Erwägungen nukleare Streitkräfte zur Abschreckung auf Dauer unterhalten zu wollen (Nr. 62 des Konzeptes). Die EKD nimmt ihre Forderung zur Ächtung in der Zwischenbilanz des Jahres 2001 nicht wieder auf. Dies bleibt aber wegen der großen Gefahren der atomaren Abschreckung und des Einsatzes von Atomwaffen sowie des Rechtsgutachtens des Internationalen Gerichtshofes (IGH) in den Haag vom 8.7.1996 auf der Tagesordnung.[85] Um so notwendiger wird dies, wenn man die strategischen Interessen zur Herstellung und dem Einsatz von Miniatomwaffen in Rechnung stellt.[86]
e) Gewaltfreie und gewaltmindernde Außen- und Sicherheitspolitik, keine Vermengung von kollektiver Verteidigung und kollektiver Sicherheit
Weitreichende Folgen der Beschränkung von militärischer Gewalt ausschließlich für polizeilich legitimierbare Einsätze ergeben sich für die Aufgabenstellung und Struktur der Bundeswehr und der NATO sowie der EU im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), die dringend öffentlich diskutiert werden müssten.[87]
Die Kritik der EKD aber an der verfassungsrechtlichen Vermengung von kollektiver Verteidigung und kollektiver Sicherheit durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 12.7.1994 und den Folgen daraus für den Auftrag der Bundeswehr ist zu teilen. Die EKD hält es für “bedenklich, dass sich die politischen und militärischen Entwicklungen im Rahmen von Verfassungsbestimmungen vollziehen, die erkennbar von anderen Voraussetzungen ausgehen und dass die Unterschiede zwischen einem System kollektiver Verteidigung und kollektiver Sicherheit verwischt werden.” Der Regelfall der Verteidigung werde zum Ausnahmefall, der Ausnahmefall der Einsätze in Systemen kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Abs. 2 Grundgesetz werde zum Regelfall.[88]
f) Kooperation mit Kräften des modernen Islam
Weil “westliche” Gesellschaften anscheinend bisher kein konstruktives Verhältnis zum Islam gefunden haben, leidet die Auseinandersetzung mit dem Islam und seinen Problemen bei seiner Modernisierung. Auch sind die Kirchen in überwiegend islamisch geprägten Gesellschaften nur marginal vertreten. Eine verstärkte Kooperation mit den modernen aufklärerischen Strömungen im Islam ist eine Schlüsselaufgabe bei der weltweiten Bekämpfung des Terrorismus.[89]
3.2.3 Instrumente und Methoden
Die Entwicklung von Instrumenten und Methoden zur Gewaltvorbeugung ist ein zentraler friedensethisch begründeter Auftrag, um unfruchtbare, immer noch wirksame Gewaltstrukturen zu ersetzen.
a) Zu stärken ist das Wissens- und Informationsmanagement in den ökumenischen und kirchlichen Strukturen (ÖRK, EKD, Landeskirchen, Werke und Verbände), um die Hilflosigkeit vor Entscheidungen wie z.B. der EKD-Synode in Amberg 2001 zu dem militärischen Einsatz der Bundeswehr zu vermindern, wo objektiv so wahrgenommene Informationsmängel dazu beigetragen haben, dass keine klarere Entscheidung zustande gekommen ist. Weil gezieltes Handeln im Sinne der Option für die Gewaltfreiheit Wissen und Bildung der Akteure voraussetzt, müssen wissenschaftliche Einrichtungen, insbesondere im Bereich der Kirchen, und Einrichtungen zur Qualifizierung von Fachkräften in den Stand gesetzt werden, nachhaltiger als bisher Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbreiten. Dazu gehören auch das Sammeln und Verbreiten von Hintergrundinformationen zur Beratung von Verantwortlichen und Gremien und die Alphabetisierung der Mitglieder der Kirchen, wie es u.a. im Kampf gegen die Apartheid und in der Auseinandersetzung um die Nachrüstung und die Stammzellenforschung geschehen ist.
b) Friedenspolitisch wichtig ist die Beteiligung der Kirchen (einschließlich von Initiativen und Gruppen) und anderer NROs an der Schaffung von “Friedensallianzen”, also Bündnissen zur Durchsetzung von gewaltfreien und gewaltmindernden Instrumenten und Methoden gegen die vorherrschende Asymmetrie bei der Verteilung von finanziellen und anderen Ressourcen. Solche Bündnisse und Kooperationen sollten auch mit den Teilen staatlicher Administration eingegangen werden, die zukunftsträchtige Programme auflegen, z.B. im Rahmen der Außen- und Entwicklungspolitik.
c) Konkret zu fördern sind aus eigenen und staatlichen Mitteln ausdifferenzierte Programme der zivilen Konfliktbearbeitung, die bisher im Vergleich zu den militärisch dominierten Programmen fast hoffnungslos unterfinanziert sind, obwohl der Bedarf vorhanden ist und die Kapazitäten in professioneller Weise aufgestockt werden können.
d) Zur Durchsetzung von Recht ist darauf hinzuarbeiten, dass der Internationale Strafgerichtshof nach dem Statut von Rom aus dem Jahre 1998 seine Arbeit erfolgreich aufnehmen kann. Er sollte menschenrechtswidrige Entwicklungen verhüten helfen, wie sie gegenwärtig z.B. in den Gefangenenlagern der USA in Guantánamo/Kuba zu beobachten sind.[90] Vergleichbare Gerichtshöfe sollten zur Schaffung einer rechtsprechenden Gewalt im Rahmen einer künftigen demokratischen Gewaltenteilung eingerichtet werden.
[1] vgl. Assheuer, Thomas, Rechtlos im Niemandsland, in: “DIE ZEIT” vom 7. Februar 2002, S. 29. Nach einer Meldung von E + Z -Entwicklung und Zusammenarbeit, Nr. 2, Februar 2002, S. 43, ist in den USA ein Gesetz gegen den Internationalen Strafgerichtshof vorerst gescheitert. – Das Statut kann voraussichtlich im Jahre 2002 in Kraft treten.
Bad Honnef, den 11.3.2002, Ulrich Frey
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– Glaube hat eine Wahl, Zur gegenwärtigen friedensethischen Diskussion. Texte der Landessynode der EKiR 1993 zum Friedensgespräch in den Gemeinden, Düsseldorf 1993
– Landessynode 2001, Beschluss 21 vom 10.1.2001 zur veränderten NATO-Strategie und deren ethischen Konsequenzen
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[1] EKD, Orientierungspunkte, S. 17 ff, S. 28
[2] EKD, Synode Amberg, Punkt 1, ähnlich: Sekretariat … Gerechter Friede, S. 83 ff , Ziffern 150 – 161
[3] EKD, Zwischenbilanz, S. 66
[4] UN-Mission mit Truppen unter Führung der USA in Somalia Dezember 1992, Bosnien-Herzegowina 1993 ff, Kosovo 1999; Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.7.1994 zur Beteiligung der Bundeswehr an Kampfeinsätzen außerhalb des Bundesgebietes gemäß Art. 24 (2) GG schloss die Diskussion verfassungsrechtlich gültig für Deutschland ab und ist die immer noch zu wenig beachtete verfassungsrechtliche Grundlage für das Handeln der Regierung und ein für die friedensethische Position der Kirchen wichtiges Dokument.
[5] Falcke, S. 11 ff.
[6] BEK, Synode Görlitz 1987, in: EKD, Synodalbeschlüsse. Die Synode des BEK fasste diesen Beschluss zeitlich kurz vor dem Abkommen vom 7.12.1987 zwischen den USA und der UdSSR zur Abrüstung von atomaren Mittelstreckenraketen (“Null-Lösung”). Zum Wehr- und Waffendienst sagte sie: “In dieser Situation setzt sich die Kirche für gewaltfreie Förderung und Sicherung des Friedens ein. Jeder Christ, der vor die Frage des Wehrdienstes gestellt ist, muss prüfen, ob seine Entscheidung mit dem Evangelium des Friedens zu vereinbaren ist. Wer heute als Christ das Wagnis eingeht, in einer Armee Dienst mit der Waffe zu tun, muss bedenken, ob und wie er damit der Verringerung und Verhinderung der Gewalt und dem Aufbau einer internationalen Ordnung des Friedens und der Gerechtigkeit dient. Die Kirche sieht in der Entscheidung von Christen, den Waffendienst oder den Wehrdienst überhaupt zu verweigern, einen Ausdruck des Glaubensgehorsams, der auf den Weg des Friedens führt.”
[7] Erzbischöfliches Seelsorgeamt, Ökumenische Versammlung, Theologische Grundlegung, S. 22: “(37) In der Zeit des Übergangs bis zu einem umfassenden System politischer Friedenssicherung treten wir vorrangig für gewaltfreie Wege des Friedensdienstes ein. Zwar ist der Wehrdienst mit der Waffe mit dem Ziel der Kriegsverhütung im Prozess der Abrüstung als vertretbarer Weg für Christen noch nicht auszuschließen, aber der gewaltfreie Weg des Friedens Christi und die schon erkennbare politische Vernünftigkeit gewaltfreier Konfliktregulierung weisen Kirchen und Christen vorrangig auf gewaltfreie Wege des Friedensdienstes.”
[8] In der Zeit des Kalten Krieges und während des atomaren Wettrüstens zwischen Ost und West verabschiedete die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR im November 1965 eine “Handreichung für Seelsorge an Wehrpflichtigen”. Darin heißt es unter Punkt 4 zur Bedeutung der Kriegsdienstverweigerung: ”Es wird nicht gesagt werden können, dass das Friedenszeugnis der Kirche in allen drei der heute in der DDR gefällten Entscheidungen junger Christen in gleicher Deutlichkeit Gestalt angenommen hat. Vielmehr geben die Verweigerer, die im Straflager für ihren Gehorsam mit persönlichem Freiheitsverlust leidend bezahlen, und auch die Bausoldaten, welche die Last nicht abreißender Gewissensfragen und Situationsentscheidungen übernehmen, ein deutlicheres Zeugnis des gegenwärtigen Friedensgebotes unseres Herrn. Aus ihrem Tun redet die Freiheit der Christen von den politischen Zwängen. Es bezeugt den wirklichen und wirksamen Friedensbund Gottes mitten unter uns.”, in: Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste (Hrsg.), Christen im Streit um den Frieden, S. 241 ff., S. 244
[9] EKD, Denkschrift, S. 48
[10] Synode der EKD Osnabrück 1993, in: EKD, Orientierungspunkte, S. 42
[11] vgl. Kock, Bericht des Ratsvorsitzenden der EKD zur Synode 2001 der EKD, Amberg, Punkt 2.1
[12] Erzbischöfliches Seelsorgeamt, Ökumenische Versammlung, Theologische Grundlegung, Ziffer (36), S. 22: “Mit der notwendigen Überwindung der Institution des Krieges kommt auch die Lehre vom gerechten Krieg, durch welche die Kirchen den Krieg zu humanisieren hofften, an ein Ende. Daher muss schon jetzt eine Lehre vom gerechten Frieden entwickelt werden, die zugleich theologisch begründet und dialogoffen auf allgemein menschliche Werte bezogen ist. Dies im Dialog mit Andersglaubenden und Nichtglaubenden zu erarbeiten, ist eine langfristige ökumenische Aufgabe der Kirchen.”
[13] Sekretariat …, Gerechter Friede, S. 34 (57): Das Leitbild des “gerechten Friedens” “fasst zusammen, worin sich die biblische Botschaft vom Reich Gottes und die politische Vernunft treffen. Die Kirche hat den Auftrag, das Evangelium des Friedens zu verkündigen und es in dieser Welt zeichenhaft zu vergegenwärtigen. ….”
[14] EKD Orientierungspunkte, S. 14, bestärkt in EKD, Zwischenbilanz, S. 67, 68
[15] ÖRK, Ziffern 40 ff.
[16] EKD, Orientierungspunkte, S. 18 ff mit ausführlicher Begründung; Sekretariat …, Gerechtigkeit schafft Frieden, S. 23 ff, mit ausführlicher Begründung
[17] EKD, Zwischenbilanz S. 68, 69
[18] Reuter, S. 75, 78, <br< p=““>