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Wege in die Vernunft –

MNS11

Seit mehr als dreißig Jahren sind die Mitglieder, Freunde und Unterstützer der Martin-Niemöller-Stiftung auf der Suche nach diesen Wegen. Ein Blick auf die Arbeit der Niemöller-Stiftung ist auch ein Blick in die Geschichte der sozialen Bewegungen, des Pazifismus und der außerparlamentarischen Opposition dieser Bundesrepublik Deutschland. Dieser Blick lehrt auch, wie wichtig es ist, in Gesellschaft wie Kirche gern verdrängte Themen einzubringen und dabei Auseinandersetzungen nicht zu scheuen.

Die Themen, derer sich die Stiftung in Kongressen, Symposien, Diskussionsforen, Veröffentlichungen und öffentlichen Erklärungen annahm, buchstabieren den Fragenkatalog aufgeklärter kritischer BürgerInnen an die Gesellschaft und ihren Zustand, an ihre Institutionen durch. Es sind Einsprüche nachdenklicher Zeitgenossen an ihre Zeit.

Einspruch, per Sitzblockade, erhob Walter Jens, lange Jahre Vorsitzender der Stiftung, gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Mutlangen. Einspruch, weit gefährlicher, erhob einst Martin Niemöller gegen die Hybris von Adolf Hitler, der kirchliche Unterwerfung einforderte. Jens nahm eine Verurteilung in Kauf; Niemöller durchlebte fast sieben Jahre die Hölle des KZ-Staates.

Die Arbeit der Stiftung ist vor dem Hintergrund gewichtiger Strömungen der Nachkriegsrepublik zu verstehen. Da ist zum einen die aufgeklärte Linke auch sozialistischer Prägung, deren Verästelungen teilweise bis ins bürgerlich-liberale Lager hineinreichen; zum anderen der politisch engagierte Flügel der Evangelischen Kirche, der in den Traditionen der Bekennenden Kirche stand und steht. Beide Strömungen trafen sich nach 1945 bei einer Vielzahl öffentlich diskutierter Themen stets auf der gleichen Seite wieder – im Kampf gegen Wiederbewaffnung und Notstandsgesetze, gegen nukleare Hochrüstung und den Wahnsinn des Kalten Kriegs, beim Eintreten für internationale Solidarität und beim Versuch, trotz Kalten Kriegs den Eisernen Vorhang durchlässiger zu machen, in der Friedensbewegung.

Der gemeinsame humanistische Kern war es, der sie zu Verbündeten machte, trotz aller Vorbehalte und allen Misstrauens ob der unterschiedlichen Weltsichten. In der Persönlichkeit Martin Niemöllers waren diese Gegensätze durch die Verbindlichkeit der christlichen Ethik aufgehoben.

Von den Anfängen bis heute…

Matthiessen
Gunnar Matthiessen

Gunnar Matthiessen, später langjähriger Geschäftsführer der Niemöller-Stiftung, hat in seinem Beitrag zu „Martin Niemöller – Wer er war – Wer er ist“, ein entscheidendes Gespräch mit ihm geschildert: „…Am 24. Januar 1976 saßen wir morgens um 7.30 Uhr in der kalten, ungemütlichen Bahnhofsgaststätte von Darmstadt  (mehr …)

Am Vorabend von Glasnost

Dr. Horst-Eberhard Richter

Die friedenspolitischen Aktivitäten der Niemöller-Stiftung führten im Oktober 1982 zu einer bemerkenswerten zweitägigen Gesprächsrunde in Moskau. Auf Einladung des sowjetischen Komitees zum Schutze des Friedens traf sich in der sowjetischen Akademie der Wissenschaften, vermittelt durch den ehemaligen UdSSR-Botschafter in Bonn, Valentin Falin, die Delegation der Stiftung mit zahlreichen hochrangigen Sicherheitsexperten, Militärs, Politikern, Kirchenvertretern und Publizisten. (mehr …)